Der Liebe-Lern-Prozess

Vertiefung zu den Predigten über 1. Korinther 13 nach dem Buch "Der Liebe-Lern-Prozess" von Christian Schwarz. (Leider vergriffen)

Nimm dir vor eine Übung rauszusuchen und für zwei Wochen umzusetzen. Notiere deine Erfahrungen und du wirst in der Liebe wachsen.

Die Liebesarmut unserer Gemeinden

Es scheint mir zu billig, den oft (wenn auch nicht immer) pervertierten Liebesbegriff in der säkularen Welt zu karikieren, wie es in manchen Predigten geschieht. Sie kennen solche Töne: Liebe Gemeinde, schauen wir uns doch einmal um in der Welt da draußen! Der Mensch, der Gott nicht kennt, wird im Gefängnis seiner Ichbezogenheit die Liebe immer als eine versteckte Form des Egoismus missverstehen, während der Christ weiß ... "

Immer wenn ich solche Worte höre, fühle ich mich sehr unwohl. Damit will ich nicht sagen, dass solche Kritik völlig unberechtigt wäre. Ich will aber sagen, dass es für uns Christen - bevor wir uns mit großem Tamtam vom „falschen Liebesverständnis der Welt" distanzieren - viel gewinnbringender wäre, uns damit zu beschäftigen, wie es um die Liebe in unseren eigenen Gruppen und Gemeinden bestellt ist.

Christliche Blockaden gegenüber der Liebe

Konkret heißt das: Wir sollten uns nicht nur mit denen kritisch auseinandersetzen, die Liebe mit sexueller Gier verwechseln und damit auch noch ihre Geschäfte machen, sondern vor allem mit denen ...

  • die in ihren Gruppen und Gemeinden derartig phantasielos vor sich hinwursteln, daß zwar vollmundig von christlicher Liebe geredet werden mag, diese aber nirgendwo erfahren werden kann;
  • die Sonntag für Sonntag auf Kirchenbänken nebeneinander sitzen, ohne sich zu kennen und sich füreinander zu interessieren;
  • die in ihrer Gemeinde alles mögliche tun, sich aber nicht darum kümmern, daß Menschen eine persönliche Beziehung zu Jesus bekommen und auf diese Weise die Liebe Gottes erleben;
  • die zwar auf Hochtouren evangelistisch arbeiten, dabei aber mehr vom Holzhammer als von der Liebe Gottes Gebrauch machen;
  • die gegen andersdenkende Christen mit Intrigen und handfesten Verleumdungen zu Felde ziehen (aber alles natürlich unter dem „seelsorgerlichen Mantel der Verschwiegenheit");
  • die die Aufrechterhaltung von bestehenden kirchlichen Strukturen für wichtiger halten als die Frage, welche Strukturen wirklich dienlich sind, um möglichst viele Menschen mit der Botschaft von der Liebe Gottes zu erreichen; 
  • deren ganzes Denken und Trachten auf Abgrenzung von anderen Frömmigkeitsstilen und Gemeindeformen ausgerichtet ist (natürlich alles um der ,,Reinheit des Reiches Gottes" willen); 
  • die Menschen in einer von engstirnigem Denken geprägten gemeindlichen Umgebung ersticken lassen, anstatt ihnen die Möglichkeit zu geben, den befreienden Duft der Liebe zu atmen.

    Meine These ist, daß es Gemeinden gibt, die die Liebesfähigkeit der Christen nicht nur nicht fördern, sondern geradezu behindern. Ist das zu hart? Ich fürchte nicht. Ich könnte eine Fülle von Beispielen nennen, wie in Gemeinden, mit denen ich zu tun habe, im Gemeindealltag die Liebe mit Füßen getreten wird, ohne daß das irgendjemand als ein großes Problem empfinden würde.

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Das Gegenteil von Liebe: Langeweile

Ich habe inzwischen über 200 christliche und nichtchristliche Bücher über die Liebe gelesen. Fast jeder Autor beschäftigt sich an der einen oder anderen Stelle mit der Frage, was wohl das Gegenteil von Liebe sei. Es gibt, grob gesagt, zwei Richtungen: Die einen meinen, "Hass" sei das Gegenteil von Liebe, die anderen sprechen - je nach Hintergrund - entweder von "Furcht" oder von "Angst".

Obwohl ich glaube, dass beide Antworten etwas Wahres ausdrücken, möchte ich dafür plädieren, dass wir uns mit einer dritten These auseinandersetzen. Mir scheint, das Gegenteil von Liebe ist Langeweile. Damit will ich nicht sagen, dass jede Gemeinde, die nicht langweilig ist, schon liebevoll ist. Aber umgekehrt wird eine liebevolle Gemeinde niemals langweilig sein. Liebe setzt so viel Phantasie und Kreativität frei, dass Langeweile, Teilnahmslosigkeit und Apathie keinen Platz haben. Es ist so schrecklich langweilig ... "Vielleicht trauen Sie sich nicht, es so zu sagen - aber sind nicht auch manche Gemeindeveranstaltungen, die Sie kennen, von Langeweile geprägt? Wenn Sie solche Erfahrungen nicht gemacht haben, um so besser. Aber wann immer das der Fall ist, sollten Sie sich ernsthaft fragen, ob es nicht letztlich an der Phantasielosigkeit der Liebe liegt. Als ich einmal eine junge Teilnehmerin eines Hauskreises fragte, was sie für das größte Problem in ihrer Gruppe halte, antwortete sie: Alles ist so furchtbar langweilig! Immer wieder höre ich, dass viele Gemeinschaften von diesem Grundproblem geprägt sind. Es passiert nichts Neues. Nichts wird erwartet. Alles ist Routine. Und wer sich selbst langweilt, langweilt auch andere. So setzt sich der Teufelskreis der Langeweile immer weiter fort.

Zurück zur ersten Liebe

Das Problem der nachlassenden Begeisterung gab es schon zur Zeit des Neuen Testaments. Wahrscheinlich hatte Gott eine solche Situation vor Augen, als er dem Seher Johannes die folgenden Worte an die Gemeinde in Ephesus gab: Ich weiß, wie viel Gutes du tust, und ich kenne alle deine Werke, und ich kenne auch deine Standhaftigkeit ... Aber eines habe ich gegen dich: Du liebst mich nicht mehr so wie früher. Erinnere dich, mit welcher leidenschaftlichen Hingabe du dich einmal für mich entschieden hast. Was ist davon geblieben?" (Offb. 2,2-5, Hoffnung für alle). Die Lutherübersetzung spricht davon, dass die Gemeinde in Ephesus ihre „erste Liebe" verlassen hat.

Die erste Liebe - das ist eine Liebe, die vor Begeisterung und Leidenschaft brennt. Menschen, die Jesus ganz neu kennen lernen, strahlen in der Regel diese Liebe aus - bis viele von ihnen (oft unter dem Einfluss der alteingesessenen Christen) sehr schnell eine negative, nörgelnde, skeptische Haltung einnehmen. Irgendwann fangen sie an, sich zu langweilen und selbst Langeweile zu verbreiten.

Welchen Weg gibt es zurück zur ersten Liebe? Der Text aus der Offenbarung des Johannes geht weiter: Kehre um und werde wieder, wie du am Anfang warst. Es sei denn, dass du dich von Grund auf änderst und zu mir kommst" Der Weg zurück zur ersten Liebe ist der Weg zurück zu Gott selbst. Wer lieben lernen will, muss wissen, wer Gott ist.

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Das Agape Prinzip

Im ersten Johannesbrief finden wir einen Satz, der in der Religionsgeschichte ein absolutes Novum darstellt: Gott ist Liebe" (1. Joh. 4,8.16).

Das merken wir sofort, wenn wir versuchen, diesen Satz auf die Gottheiten der außerbiblischen Religionen anzuwenden: Wotan ist Liebe, Zeus, Jupiter, Brahma, Allah ist Liebe. Alle diese Kombinationen ergeben eine absolute Unmöglichkeit. Dieser Satz besagt, dass Liebe weit mehr ist als eine Eigenschaft Gottes. Gott teilt die Eigenschaft der Liebe nicht mit anderen. Der berühmte „liebe Gott" - wenn er denn so gemeint ist - ist eine Erfindung des Menschen. Die Liebe ist das Wesen Gottes, so dass auch der Satz gilt: Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott" (1. Joh. 4,16).

 

Eros und Agape

Wenn wir herausfinden wollen, was Liebe ist, dürfen wir nicht das, was wir unter Liebe verstehen, auf Gott übertragen. Wir müssen umgekehrt vorgehen: Um das Wesen der Liebe zu verstehen, müssen wir das Wesen Gottes verstehen. Liebe ist die „Selbsthingabe" Gottes.

Dieses Verständnis von Liebe ist gemeint, wenn im griechischen Neuen Testament von „Agape" die Rede ist. Was Agape bedeutet, erkennen wir am Wesen Gottes: Sie entzündet sich nicht am Geliebten; - sie wendet sich dem anderen nicht zu, weil er liebenswert ist, sondern weil sie ihn lieben will.

In neutestamentlicher Zeit gab es - wie heute - auch andere Vorstellungen von Liebe. Wenn der nichtchristliche Grieche von Liebe sprach, meinte und sagte er in der Regel „eros". Mit diesem Wort war keineswegs nur das sexuelle Begehren gemeint. Eros ist ganz allgemein das Begehren dessen, was man nicht hat, aber haben sollte oder möchte - also eine Liebe, die vom Geliebten her in Bewegung gesetzt wird. Eros bedeutet: "Ich will, ich brauche, ich begehre dich, weil ich ohne dich nicht vollkommen bin".

Das Eros Konzept

Das Liebesverständnis der meisten Menschen orientiert sich an diesem Eros-Konzept. Gefühle stehen am Anfang. Vielen Christen fällt es schwer, sich anderen Menschen in Taten der Liebe zuzuwenden, weil sie das Gefühl haben, eine solche Haltung sei nicht aufrichtig. Ihre Gefühle stimmen damit nicht überein. In den Kategorien des Eros-Begriffs ist diese Argumentation durchaus schlüssig. Ohne Gefühle geht hier nichts.

So gibt es Menschen, die auf ihre Liebesgefühle warten ... und warten ... und warten ... und machen irgendwann die Erfahrung, dass sich das Eros-Konzept als das reinste „Godot-Konzept" entpuppt. Kennen Sie die berühmte Geschichte „Warten auf Godot"? Da wurde auch auf jemanden gewartet, der nie kam!

Das Agape-Konzept hat einen anderen Ansatz. Weil Agape-Liebe sich nicht am Geliebten entzündet, sondern von den Liebenden selbst ausgeht, braucht es in diesem Konzept nicht am Anfang liebevolle Gefühle. Wir entscheiden uns zunächst, liebevolle Gedanken zu denken. Zu dieser Willensentscheidung ist jeder Mensch fähig, der die Liebe Gottes selbst erfahren hat. Unsere liebevollen Gedanken befähigen uns nun zu liebevollen Taten. Diese Taten wirken sich schließlich positiv auf unsere Gefühle aus. Grafisch lässt sich das Konzept der Agape wie folgt darstellen:


Das Agape-Konzept

Auch in diesem Konzept kommen unsere Gefühle nicht zu kurz. Sie stehen aber nicht am Anfang, sondern am Ende des Prozesses. Mit anderen Worten: Sie folgen unserem Denken und Handeln. Interessanterweise hat die psychologische Forschung in den letzten Jahren diesen Ansatz, der auf biblischen Einsichten beruht, bestätigt.

Weil Gottes Agape-Liebe in uns ist, können wir uns für liebevolles Denken und Handeln entscheiden. 

Agape-Liebe bedeutet: Sie müssen nicht darauf warten, dass liebevolle Gefühle in Ihnen aufsteigen, um andere Menschen lieben zu können. Weil Gottes Agape-Liebe in Ihnen ist, können Sie sich für liebevolle Gedanken und liebevolle Taten entscheiden. Und dann können Sie sich entspannt zurücklehnen und staunend beobachten, wie die Liebe, die durch Ihre Gedanken und Taten zu anderen Menschen fließt, auch Ihr eigenes Gefühlsleben beeinflusst!

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Deine Gedanken

Jetzt versuchen Sie einmal, anhand Ihrer Beziehung zu dieser Person gedanklich durchzuspielen, welche praktischen Auswirkungen das Eros- und das Agape-Konzept haben. In den ersten Zeilen ist jeweils ein Beispiel eingetragen, wie ein solches Planspiel aussehen kann. Spiele es mit einer konkreten Person in deinem Kopf durch.

Das Eros Konzept:

Gefühle: Leo ist mit unsympathisch

Gedanken: Hoffentlich begegne ich ihm nicht

Taten: Ich gehe ihm aus dem Weg.


Das Agape Konzept:

Gedanken: Gott liebt Leo, und ich entscheide mich, ihn auch zu lieben.

Taten: Ich gehe bewusst auf Leo zu und plaudere freundlich mit ihm.

Gefühle: Ich beobachte, dass mir Leo längst nicht mehr so unsympathisch ist.

Liebe - eine Arbeitsdefinition

Paulus beschreibt in unübertrefflicher Weise, woran christliche Liebe zu erkennen ist: 1. Korinther 13. Bei der Entwicklung einer Arbeitsdefinition habe ich mich von diesen und anderen biblischen Aussagen leiten lassen, wobei bei allen Formulierungen die in Christus selbst konkret gewordene Agape-Liebe Gottes im Hintergrund stand. So ist die folgende Definition entstanden:

Liebe ist der bewusste, schöpferische Akt der Zuwendung zu einem Menschen, um ihm im Namen Jesu zu helfen oder eine Freude zu machen, ohne dafür Bedingungen zu stellen.

  • bewusst:  Liebe geschieht nur in den seltensten Fällen zufällig. Sie ist eine Frage der Be- reitschaft. Liebe beginnt damit, daß ich ganz bewußt lieben will. Nur wenn ich mich für die Liebe entscheiden kann, hat es Sinn, daß die Bibel uns er- mahnt: ,,Daß ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe" (Joh. 15, 12).
  • schöpferisch: Wie wir gesehen haben, richtet sich Agape-Liebe nicht in erster Linie auf Lie- benswertes, sondern auf die Schaffung von Liebenswertem. Dieser schöpferische Prozeß wird besonders eindrücklich an der Feindesliebe deutlich, die uns Jesus in der Bergpredigt aufträgt (Mt. 5,43-48): Ich wende mich einem ,,Feind" zu - und er wird zum „Freund". Etwas Neues entsteht! Schöpferi- sche Liebe vollzieht die Liebe Gottes nach, durch die die Welt überhaupt ent- standen ist. Schöpfeyische Liebe bedeutet, in einen Menschen die besten Möglichkeiten hineinzulieben und sie aus ihm herauszulieben.
  • Akt: Liebe bleibt so lange eine abstrakte Idee, bis sie sich in einer ganz konkreten Tat äußert. Die Bibel macht immer wieder deutlich, daß Liebe mehr ist als Gedanken, Worte oder Gefühle. ,,Meine Kinder", schreibt Johannes, ,,unsere Liebe darf nicht aus leeren Worten bestehen. Es muß wirkliche Liebe sein, die zeigt" (1. ]oh. 3, 18).
  • Zuwendung: Unzählige Stellen der Bibel weisen darauf hin, daß christliche Liebe sich in der Zuwendung zum Mitmenschen zeigt. Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk. 10,29-37) ist eines der schönsten Beispiele dafür. Jesus erzählt es bezeichnenderweise unmittelbar, nachdem er das Gebot der Nächstenliebe gegeben hat. Liebe bedeutet, am Leben der anderen Anteil zu nehmen. Anonym einen Scheck an einen Hilfsbedürftigen zu schicken, für dessen an sich sonst nicht allzusehr interessiert - das allein ist noch kein Akt Liebe.
  • zu einem Menschen: Liebe ist immer auf Menschen gerichtet, sie existiert nicht in einem Vakuum. In einer ersten Fassung der Definition hatte ich an dieser Stelle formuliert: ,,zu einem anderen Menschen". Dann machte mir ein Teilnehmer eines mei- ner Liebesseminare klar, daß meine Definition von Liebe genauso für die Lie- be zu mir selbst gelten könne und dürfe. Er hatte recht. Es ist sogar wichtig, daß ich mich selbst genauso bedingungslos annehme und liebe, wie Gott es tut. ,,Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst", sagt Jesus (Mt. 19, 19). Darin ist beides eingeschlossen: die Liebe zu meinem Mitmenschen - wie auch die Liebe zu mir. Wer sich selbst nicht annehmen kann, wird auch Schwierigkeiten haben, in der Liebe zu anderen Menschen zu wachsen.
  • im Namen Jesu: In Kolosser 3, 17 schreibt Paulus: ,,Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus." Was ist damit gemeint? In Jesu Im Geist Jesu lieben, sich zu fragen: Was würde Jesus an meiner Stelle tun? Es heißt nichts anderes, als sich vom Heiligen Geist als Kanal gebrauche  zu lassen, durch den Gottes Liebe zu anderen Menschenschen fließen kann.
  • zu helfen oder eine Freude zu machen: Hier sind beide Elemente wichtig - ,,helfen" und „Freude machen"-, wobei in vielen Fällen nicht beides gleichzeitig möglich ist: Es mag sein, daß ich jemandem helfe, ohne daß es ihm Freude macht. Die große Gefahr ist, daß wir dazu neigen, Menschen, mit denen wir es gut meinen, von unbeque- men oder risikoreichen Wegen abzuhalten, ohne zu prüfen, ob nicht gerade diese Wege dem Willen Gottes entsprechen könnten. Wir müssen uns davor hüten, von denen, die wir lieben, jeden Schmerz fernzuhalten. Damit würden wir dem anderen in vielen Fällen nicht wirklich „helfen", auch wenn wir ihm vordergründig eine „Freude" machten. Ein wunderschönes Beispiel, wie iebe in der Praxis bewährt, ist Jesu Umgang Jakobsbrunnen (Joh. 4, 1-42).
  • ohne dafür eine Bedingung zu stellen: Dies ist vielleicht das wichtigste Element der Definition: Christliche Liebe ist bedingungslos. Sie sagt nicht: ,,Ich liebe dich, wenn ... ", sondern sie sagt: ,,Ich liebe dich, ganz gleich ob ... ". Dies ist genau die Art, wie Jesus mit Menschen umging, als er sich „Zöllnern und Sündern" bedingungslos zuwandte. „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, daß Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren" (Röm. 5,8). Bedingungslose Liebe heißt, daß die Zuwendung zum anderen nicht zu einer besonders raffinierten Methode werden darf, zu einem Mittel, mit dessen Hilfe ich meine Ziele effektiver durchzusetzen vermag. Ich nehme den anderen so an, wie er ist.

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Vier katastrophale Missverständniss

Wenn wir uns im Folgenden an die soeben erarbeitete Definition halten, heißt das zugleich, dass wir uns von anderen Auffassungen von Liebe verabschieden müssen. Die folgenden vier Missverständnisse hängen eng miteinander zusammen, sie sind ineinander verwoben und bilden zusammen ein in sich geschlossenes Abwehrsystem, das nur schwer zu überwinden ist. Mit seiner Hilfe kann man als Christ vollmundig von Liebe reden, ohne das, was Liebe wirklich bedeutet, an sich herankommen zu lassen.

Mißverständnis Nr. 1: ,,In der Gemeinde muß immer Harmonie herrschen."

Eines der gefährlichsten Missverständnisse ist die Illusion, dass Liebe zwangsläufig Konfliktfreiheit bedeutet. Man träumt von idyllischen, paradiesischen Zuständen - und jeder, der diese Zustände in Frage stellt, wird als "lieblos" gebrandmarkt. Dieses Missverständnis ist in manchen Gemeinden so tief verwurzelt, dass das Bild des konfliktscheuen, angepassten, gefälligen Christen geradezu zum Idealtypus christlicher Demut hochstilisiert wird: neutral, unauffällig und mausgrau.

Wer lieben lernen will, muss konfliktfähig werden. Liebe braucht Muskeln, um das Aufeinanderprallen von Standpunkten auszuhalten. Gerade dort, wo die Liebe Gottes verkündigt wird, wo Menschen sich auf den Weg machen, Gemeinde Jesu Christi zu bauen, wird es zu Konflikten kommen. Jesus hat uns nirgendwo eine konfliktfreie Welt versprochen. Stattdessen spricht er viel von Auseinandersetzung und Kampf: "0 Ich bin gekommen, ein Feuer anzuzünden auf Erden ... Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen! Nein, ich bringe Streit" (Lk 12,49.51 - Hoffnung für alle).

Mir scheint, dass angesichts der rasanten Veränderungen in Staat und Kirche, die wir derzeit erleben, konfliktfähige Christinnen und Christen mehr denn je gefragt sind. Die Beschäftigung mit dem Thema Liebe darf uns nicht zu einem süßlichen, weichlichen Liebesverständnis verleiten, das wenig mit der Bibel, dafür aber umso mehr mit unserer Konfliktscheu zu tun hat. Was wir brauchen, sind liebesfähige Christen, die sich den Auseinandersetzungen um die Kirche von morgen stellen können.

Mißverständnis Nr. 2: ,,Wenn ich andere liebe, werde ich selber unglücklich."

Ein Missverständnis, das unter Christen noch weiter verbreitet zu sein scheint als unter Nichtchristen: Liebe wird zwar als etwas Wichtiges - eben als ein Gebot Gottes - empfunden, aber es herrscht die Meinung vor, dass derjenige, der liebt, dabei selbst unglücklich wird. Manche ernsthafte Christen gehen sogar so weit zu sagen: Wenn ich selbst nicht leide, dann ist es keine wahre Liebe. Das ist ein ausgesprochen neurotisches Verständnis von Liebe, das sich nur das Mäntelchen des christlichen Glaubens umgehängt hat.

Wie auch immer ein solches Verständnis entstanden sein mag, die Bibel vertritt es nicht. Natürlich bedeutet Liebe Hingabe, aber der Liebende wird dadurch nicht unglücklicher, sondern glücklicher. Jesus sagte: „Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters halte und in seiner Liebe bleibe. Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde" (Joh 15,1f). 

Es macht nicht nur glücklich, die Liebe anderer Menschen zu empfangen, sondern gerade auch, selbst Liebe auszudrücken. Liebe ist konzentriertes Leben. Wenn wir andere Menschen vorbehaltlos annehmen und lieben können, fühlen wir uns selbst wohl und gesund - wir fühlen uns nicht nur so, wir sind es auch! Liebesfähigkeit und seelische Gesundheit hängen unmittelbar zusammen.

Mißverständnis Nr. 3: ,,Wir müssen die Kirche lieben."

Seien Sie darauf vorbereitet: Wann immer Sie mit der Phantasie der Liebe in Ihrer Gemeinde etwas verändern wollen - vielleicht unangemessene Formen, vielleicht überholte Riten, vielleicht eingefahrene Strukturen -, werden Sie mit Sicherheit hören: So kannst du mit unserer Kirche nicht umgehen! Du musst lernen, die Kirche zu lieben".

Die Forderung, die Kirche zu lieben, klingt zunächst so harmlos und positiv, dass viele gar nicht ahnen, was sich dahinter verbirgt. Was ist mit dieser Forderung gemeint? Sie kann nur zweierlei bedeuten. Entweder: Wir lieben unsere Schwestern und Brüder. Konsequenz: Alle Formen und Strukturen in der Kirche müssen dazu dienen, dass diese Gemeinschaft der Schwestern und Brüder besser Gestalt annehmen kann. Veränderungen von kirchlichen Strukturen, die sich für den Gemeindeaufbau als nicht hilfreich erwiesen haben, sind daher unumgänglich. Strukturen sind kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Heilige Kühe" - wenn damit Formen und Strukturen gemeint sind - dürfen um der Schwestern und Brüder willen munter geschlachtet werden!

Das ist aber nicht gemeint von denen, die immer wieder die „Liebe zur Kirche" ins Spiel bringen, weil sie sich mit ihrer doppelbödigen Beschwörung der „Liebe zur Kirche" gerade gegen solche Veränderungen wehren wollen!

Zweite Möglichkeit: Die Forderung, die Kirche zu lieben, meint die Kirche als Institution, also ihre Formen, Ordnungen, Strukturen, Traditionen. Es ist ja nur allzu verständlich, dass einem Christen bestimmte traditionelle Formen - etwa der Gottesdienstgestaltung - so ans Herz gewachsen sind, dass er geradezu geneigt ist, von Liebe zu sprechen. Nur ist diese Verliebtheit in institutionelle Formen in den meisten Fällen höchst egoistisch. Ich werde diese Formen und Traditionen - weil ich sie liebe! - um jeden Preis verteidigen, auch wenn sie sich als untauglich erwiesen haben, möglichst vielen Menschen den Zugang zum Evangelium zu öffnen. So kann sich hinter der zunächst harmlos klingenden Forderung, die Kirche zu lieben, durchaus eine Haltung verbergen, die Strukturen über Menschen stellt - und das wäre eine Perversion des christlichen Liebesbegriffs.

Die Botschaft Jesu richtet sich gegen jede Art von erstarrten Formen und „heiligen Ordnungen", nach deren Sinn nicht mehr gefragt wird (vgl. z.B. die Bergpredigt). Ordnungen verlieren dadurch ihre Unantastbarkeit. Beispiele für diese Sicht Jesu füllen die Evangelien von Anfang bis Ende; man denke nur an die vielen Konflikte um die Sabbatheiligung. Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen" (Mk 2,27).

Es ist erschreckend, dass sich bei vielen - oft sehr ernsthaften - Christen diese Prioritäten wieder verschoben haben: Formen und Strukturen haben für sie absoluten Vorrang, sie dürfen nicht angetastet werden. Dass Menschen zum Glauben kommen und Gemeinschaft mit Schwestern und Brüdern finden, darf sein - aber nur so lange, wie es die bestehenden Ordnungen und Strukturen nicht in Frage stellt; in dem Moment, wo das geschieht, ist es mit dem Wohlwollen vorbei. Kennen Sie diese Haltung? Wie gesagt: Das ist eine Perversion des christlichen Liebesbegriffs.

Mißverständnis Nr. 4: ,,Wenn du mich liebst, mußt du auch Feind meiner Feinde sein."

Auch das vierte Missverständnis ist unter Christen so weit verbreitet, dass man fast meinen könnte, Jesus müsse so etwas irgendwo gelehrt haben. Wenn ich zu Seminaren unterwegs bin, begegnet mir dieses Phänomen auf Schritt und Tritt. Meine eigene Arbeit ist bewusst überkonfessionell ausgerichtet, das heißt: Ich arbeite mit Christen und Gemeinden aus verschiedenen Kirchen und mit verschiedenen Frömmigkeitsrichtungen zusammen. Ich mache diese Arbeit mit großer Freude, weil ich dabei etwas von der Vielfalt des Leibes Christi erfahre. Ich kann aus voller Überzeugung sagen, dass ich die verschiedenen christlichen Gruppen von ganzem Herzen liebe und mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen möchte. Aber ich erlebe immer wieder, dass die Christen, mit denen ich zusammenarbeite, von mir fordern: "Wenn du wirklich mit uns geschwisterlich sein willst, dann musst du dich auch öffentlich von XYZ distanzieren."

Mit großer Freude arbeite ich z.B. in landeskirchlichen Gemeinschaften mit, um sie in ihrem Bemühen um Gemeindeaufbau zu unterstützen. Mit der gleichen Begeisterung unterstütze ich freikirchliche und neu gegründete Gemeinden in ihrem Dienst. Von landeskirchlicher Seite höre ich: „Wenn dir die landeskirchliche Arbeit wirklich so wichtig ist, dann musst du dich von den Gemeindegründungen deutlich distanzieren". Und manche meiner Freunde - obwohl ich selbst Mitglied der Landeskirche bin.

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Liebe ist lernbar

Wenn Liebe wirklich so zentral ist, wie immer wieder behauptet wird, warum gibt es dann so wenig Angebote, Liebe zu lernen? Als ich vor einiger Zeit anfangen wollte, Seminare zum Thema Liebe zu geben, hatte ich das Problem, dass mich kein Veranstalter zu diesem Thema einlud. Da ich aber unbedingt Erfahrungen auf diesem Gebiet sammeln wollte, ging ich selbst in die Offensive. Bei der nächsten Seminaranfrage schlug ich vor, die Veranstaltung unter das Thema „Liebe" zu stellen.

Der Veranstalter schien nicht abgeneigt. Und wie sollen wir das Thema genau formulieren?", fragte er mich."Wie Sie Ihre Liebesfähigkeit steigern können", sagte ich spontan, denn genau darum sollte es in dem Seminar gehen."Das klingt mir zu methodisch", wandte mein Gesprächspartner ein. "Das hört sich fast so an, als ob man Liebe lernen könnte. Haben Sie keinen anderen Vorschlag?" Ich überlegte einen Moment und formulierte schließlich: ,,Der Agape-Gedanke des Neuen Testaments, Gedankenstrich, seine Bedeutung für das praktische Leben der Kirche heute".

Der Organisator war begeistert. Wie kann man diese merkwürdige Abneigung gegen das Verstehen erklären, die man lernen kann?

Widerstände gegen die Lernbarkeit

Wenn jemand Autofahren lernen möchte, würde er auch kein Seminar mit folgendem Thema besuchen wollen: "Die historische Dimension der Idee des Automobils, Gedankenstrich, ihre Bedeutung für die Straßenverkehrsordnung heute". Viel angemessener, unmissverständlicher und treffender wäre es, ,,Jahresstunden" anzubieten. Und wer seine Kochkünste verbessern will, wird sich kaum für ein Seminar zum Thema 11 "Die Küche im dialektischen Spannungsfeld zwischen kulinarischem Ideal und ökonomischer Realität" interessieren. Viel lieber würde er einen schlichten, ordentlichen 11 Kochkurs besuchen.

Nun wird mir an dieser Stelle immer wieder gesagt, dass Liebe nicht mit Autofahren oder Kochen vergleichbar sei. Dem stimme ich ohne Zögern zu, denn Lieben ist zweifellos etwas anderes als Autofahren. Aber auch Kochen ist etwas anderes als Autofahren. Dennoch gibt es einen Punkt, an dem alle diese Tätigkeiten vergleichbar sind (und bei jedem Vergleich geht es darum, diesen Vergleichspunkt zu finden). Alle diese Tätigkeiten erfordern viel Zeit und Mühe, wenn ich sie erlernen will. Es scheint, dass kaum jemand zugeben will, dass er mindestens so viel Zeit und Mühe aufwenden muss, um zu lernen, zu lieben, wie jemand, der ein Auto fährt oder eine gute Köchin ist.

Das Problem ist, dass wir, wenn wir in unserer Familie nicht intuitiv viel von den Gesetzen der Liebe gelernt haben, kaum mehr eine Chance dazu haben. In der Schule ist Liebe kein Unterrichtsfach. An der Universität gibt es keine Praxisseminare dazu. Und auch unsere Kirchengemeinden bieten kaum Hilfe an. Kein Wunder, dass die meisten von uns für die Liebe so gut ausgerüstet sind wie jemand, der ohne Karte und Kompass in die Wüste aufbrechen will!

Jede zweite Predigt ist ein Aufruf zur Liebe

Man könnte vermuten, dass es daran liegt, dass das Thema Liebe in den christlichen Gemeinden nicht wichtig genug genommen wird. Doch diese Vermutung ist falsch. Das Ökumenische Gemeinde-Institut hat 1017 engagierte Christinnen und Christen aus ganz unterschiedlichen Gemeinden befragt, in wie viel Prozent aller Predigten, die sie hören, die Zuhörer zu mehr Liebe aufgefordert werden. Das Ergebnis: In 48 Prozent (!) aller Predigten - so die Befragten - sind solche Aufforderungen zu hören. Das heißt: In fast jeder zweiten Predigt werden wir zu mehr Liebe aufgerufen. Angesichts dieses Ergebnisses könnte man meinen, das Thema "Liebe" genieße in den Gemeinden höchste Priorität.

Doch nun kommt für den Predigthörer der Pferdefuß, der ihm in der Predigt meist erspart bleibt. Wir haben dieselben Christen gefragt, welche konkreten Angebote es in der Gemeinde gibt, um die Liebe zu lernen. Ergebnis: 77 Prozent aller Befragten gaben an, dass es in ihrer Gemeinde keine (!) solchen Angebote gibt. Warum aber ruft man Christen immer wieder zur Liebe auf, wenn man ihnen nicht gleichzeitig hilft, in ihrer Liebesfähigkeit zu wachsen?

Vorschlag: Setzen wir einmal ein Jahr lang alle allgemeinen Liebesappelle aus und richten wir stattdessen eine wöchentliche Liebeslerngruppe ein! Ich wette, die Effektivität wäre um ein Vielfaches höher als bei der jetzigen Praxis!

Liebe ist Arbeit

Es ist gewiss kein einfacher Prozess, in der Liebe zu wachsen. Das Lateinische kennt für die Liebe mehr als ein halbes Dutzend Begriffe, die dem Römer alle geläufig waren. Amor" und "caritas" sind die bekanntesten. In dieselbe Reihe gehört aber auch, für viele vielleicht unerwartet, das Wort „studium". Die Altphilologen sagen, dass gerade dieses Wort einen Aspekt der Liebe ausdrückt, der für die Römer besonders charakteristisch ist.

Ein echtes „Studium" ist eine Sache, die vollen Einsatz verlangt. Es ist harte Arbeit. Vor allem ist es ein lebenslanger Prozess. Ich lerne ständig - auch und gerade dann, wenn ich nicht in einer Vorlesung oder einem Seminar sitze. Lernen heißt, alles, was ich neu wahrnehme, in Beziehung zu dem zu setzen, was ich schon weiß. Das ist ein spannender Prozess, bei dem man immer wieder Neues entdeckt.

Manche Menschen haben Angst davor. Für sie ist Lernen etwas, das sie mit der Schule oder spätestens mit der Berufsausbildung abgeschlossen haben, und sie sind froh darüber! Aber mit dieser Lebenseinstellung betrügen sie sich selbst. Es ist eines der größten Abenteuer, immer wieder etwas Neues zu lernen. Jeder von uns ist in gewisser Weise ein neuer Mensch.

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Mit 12 Übungen in der Liebe wachsen

1: Gottes Liebe tanken

Wir können nur das weitergeben, was wir selbst haben. Wenn ich selbst nichts weiß, kann ich anderen nur meine Unwissenheit vermitteln. Wenn ich keine Freude kenne, kann ich anderen nur Verzweiflung vermitteln. Wenn ich keine Freiheit habe, kann ich andere nur in meinen Käfig sperren. Ich kann nur geben, was ich habe. Deshalb sollten wir alles tun, um mit dem Besten, was es auf der Welt gibt, randvoll gefüllt zu sein: mit der Liebe Gottes.

Der Lernprozess der Liebe wäre missverstanden, wenn der Eindruck entstünde, es ginge darum, Liebe aus eigener Kraft zu produzieren. Ein solcher Versuch würde unweigerlich zu einem neuen Zwang führen, der uns für die Liebe Gottes blockiert. Viele Christen erfahren deshalb so wenig von der Freude des Glaubens, weil sie mit großem Ernst und bewundernswerter Hingabe versuchen, aus eigener Kraft nach dem Willen Gottes zu leben.

Die Quelle der Liebe

Die Bibel sagt Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist" (Römer 5,5). Das heißt: Wenn ich Christ bin, brauche ich die Liebe nicht in mir zu produzieren, sondern meine Aufgabe ist es, mich für die Liebe Gottes so zu öffnen, dass diese Liebe durch mich zu anderen Menschen fließen kann.

Die Liebe Gottes ist die Quelle und der Strom. Unsere Arbeit an der Liebe besteht darin, das „Rohr" intakt zu halten. Haben Sie schon einmal die riesigen Aquädukte bei Rom gesehen, die einst die ganze Stadt mit frischem Wasser versorgten? Auch wenn sie noch etwas von ihrer einstigen Funktion ahnen lassen, bieten sie heute einen traurigen Anblick: Ihre kühnen Bögen sind zerbrochen, ihre Stützpfeiler liegen in Trümmern. Die Quellen mögen noch so kräftig sprudeln - das Wasser wird nicht zu den Menschen gelangen, wenn das Leitungssystem nicht in Ordnung ist. Je besser wir mit der Quelle verbunden sind, desto mehr Liebe kann durch uns zu den Menschen fließen.

Theorie und Praxis

Die meisten Christen sind mit dieser Theorie vertraut. Das Problem ist nur, dass viele diese Tatsache zwar intellektuell akzeptieren, aber kaum jemals wirklich erfahren haben, dass Gott sie liebt. Was nützt es uns, wenn wir dazu aufgerufen werden: "Öffnet euch der Liebe Gottes!", wenn uns niemand sagt, wie das geht! Es ist zwar richtig, dass Gottes Liebe uns gilt, ob wir sie spüren oder nicht. Aber ebenso richtig ist, dass Gottes Liebe erst dann ihre wahre Kraft in uns entfaltet, wenn wir sie ganz konkret erfahren, wenn sie im wahrsten Sinne des Wortes jede Faser unseres Lebens „durchströmt".

Wie Menschen die Liebe Gottes erfahren

Wie kann das ganz konkret geschehen? Einerseits ist es wichtig, auf diese Frage eine Antwort zu geben (wenn das Ganze nicht ein wenig hilfreicher Appell bleiben soll), andererseits birgt jede Antwort ihre Gefahren. Christen können die Liebe Gottes auf unterschiedliche Weise erfahren. Es gibt keinen allgemein verbindlichen Weg.

Gott spricht jeden Menschen anders an

Wer eine einzige herzliche Umarmung als Durchbruch in seinem geistlichen Leben empfunden hat, kann leicht dazu neigen, in solchen Umarmungen ein Allheilmittel zu sehen - und wird damit anderen Menschen womöglich gewaltig auf die Nerven gehen! Oder: Wer selbst die Liebe Gottes durch Handauflegung und Gebet ganz deutlich gespürt hat, kann dazu neigen, dies für den Weg zu halten, auf dem jeder andere die Liebe Gottes am intensivsten erfahren kann. Aber auch das wird nicht funktionieren. Gott hat verschiedene Wege, Menschen seine Liebe spüren zu lassen.

Wenn Sie die folgenden Anleitungen ausprobieren, betrachten Sie sie als Vorschläge. Viele Christen haben durch diese Übungen Gottes Liebe neu und tiefer erfahren. In unserem Gemeindelabor haben wir damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Es kann gut sein, dass Gott auch Ihnen durch diese Anleitungen mehr von seiner Liebe zeigt. Nur: Verstehen Sie sie nicht als Gesetz, sondern wirklich als das, was sie sind: Anregungen.

Praktische Anleitung

  • Jeden Morgen danken: Jeden Morgen Gott für seine Liehe danken. Sie brauchen die Liehe nicht zu schaffen, sie ist schon da! Eine Haltung des beständigen Danks wird dazu beitragen, dass Gottes Liehe auch Ihr Gefühlsleben mehr und mehr prägt.

  • Geistliches Atmen: Praktizieren Sie das von Campus für Christus empfohlene "Geistliche Atmen". Ziehen Sie sich dazu für eine halbe Stunde an einen ungestörten Ort zurück. Schließen Sie die Augen. Konzentrieren Sie sich auf das Atmen. Alle anderen Handlungen, Gedanken und Gefühle kommen zum Stillstand, solange Sie sich ganz auf den Atem konzentrieren. Atmen Sie tief durch die Nase ein und durch den Mund aus. Stellen Sie sich vor, wie die Luft durch die Fußsohlen kommt und durch die Beine, Waden und Oberschenkel aufsteigt. Lassen Sie sie ganz langsam durch den Körper aufsteigen. Atmen Sie dann vollständig aus. Dabei sagen: "Danke, Gott, dass du mich jetzt mit deinem Geist und deiner Liebe erfüllst. Ich atme meine Spannung aus - und atme deine Liebe ein. (Ich leere meinen Geist von aller Anspannung, aller Angst, aller Frustration1 , aller Verwirrung und allem Ärger. Ich bitte dich nun, Herr, fülle mein Herz und meinen Geist mit deinem Frieden, mit deiner Liebe und deiner Ruhe." 
    Stellen Sie sich vor, dass die Luft Gottes Liebe ist, die Ihren ganzen Körper erfüllt. Wenn Sie möchten, können Sie sich vorstellen, dass die Luft leuchtet, während sie in Ihren Körper eindringt und ihn langsam ausfüllt. Behalten Sie die leuchtende Luft eine Weile in sich. Wenn Sie ausatmen, stellen Sie sich vor, wie sie alle Unreinheiten aus Ihrem Körper und aus Ihrem Geist mit sich nimmt. Diese Übung wird Ihnen helfen, an Körper, Geist und Seele immer mehr zu erfahren, was auch dann gilt, wenn Sie es nicht spüren: Gott liebt Sie! 

  • Liebevolle Stolpersteine: Bringen Sie an allen möglichen Orten, an denen Sie stolpern könnten, Zettel an mit der Aufschrift: "Du bist ein geliebter Mensch". Oder programmieren Sie Ihre Armbanduhr so, dass sie stündlich piept. Bei jedem Signal halten Sie fünf Sekunden inne, atmen tief durch und sagen sich: "Ich atme alle Unruhe aus und atme Gottes Liebe ein." Sie werden die wohltuende Wirkung dieser einfachen Übung spüren. Wie oft vergessen wir in der Hektik und Routine des Alltags, dass Gott uns liebt! Daran erinnert zu werden, kann Wunder wirken - im wahrsten Sinne des Wortes!

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2: Liebe dich selbst

Erschreckend viele Christen sind der Meinung, dass es zwar eine Tugend sei, andere zu lieben, dass es aber ein untrügliches Zeichen von Egoismus sei, sich selbst zu lieben. Im Gegensatz zu dieser Auffassung haben wir in unserer Arbeitsdefinition von Liebe (siehe Seite 21) die Selbstliebe bewusst mit aufgenommen. Warum? Drei gute Gründe sprechen dafür:

  1. Die Bibel selbst spricht von Selbstliebe. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst", sagt Jesus (Mt 19,19). Die Liebe zu mir selbst wird in der Bibel so ernst genommen, dass sie geradezu zum Maßstab wird, an dem ich meine Liebe zu meinen Mitmenschen messen soll. 
  2. Liebe ist unteilbar. Wenn es eine Tugend ist, den Nächsten als Menschen zu lieben, dann muss es auch eine Tugend - und kein Laster - sein, mich selbst zu lieben, denn auch ich bin ein Mensch", schreibt Erich Fromm, und er hat Recht. Liebe ist eine Haltung, die allen ihren Objekten gleichermaßen gilt, auch mir selbst. 
  3. Nur wenn ich mich selbst liebe, kann ich andere lieben. Ich kann nur geben, was ich habe und bin. Wenn ich mich selbst nicht attraktiv finde, kann ich anderen nur etwas Unattraktives geben - und wer will das schon? Wenn du dich selbst nicht lieben kannst, kannst du auch deinen Nächsten nicht in Wahrheit lieben", sagt Augustinus.

Selbstliebe: Das Gegenteil von Selbstsucht

Dennoch stösst das Konzept der Selbstliebe in manchen Kreisen auf Widerstand.Man wittert dahinter Selbstsucht, Egoismus, Narzissmus. Dabei ist Selbstliebe das genaue Gegenteil von Egoismus.Der Egoist liebt sich nicht wirklich selbst. Er leidet gerade darunter, dass er nie Frieden mit sich selbst geschlossen und nie gelernt hat, sich mit seinen Fehlern und Schwächen als Geschöpf Gottes anzunehmen. Deshalb ist er so begierig darauf, die Liebe und Anerkennung anderer aufzusaugen, um sich selbst zu sättigen. Wer sein Selbst angenommen hat, kann es auch loslassen, kann selbstlos werden. Wer sein Selbst nicht gefunden hat, muss es ständig suchen und wird im wahrsten Sinne des Wortes egoistisch, ichsüchtig. Walter Trobisch, der ein wunderbares Büchlein mit dem Titel "Liebe dich selbst" geschrieben hat, bringt es auf den Punkt: "Wer sich selbst nicht liebt, ist ein Egoist".Ein ich-starker Mensch kann es sich leisten, vom "Ego-Trip" Abschied zu nehmen; er muss sich nicht mehr so egozentrisch in den Mittelpunkt stellen wie jemand, der so ich-schwach ist, dass er ständig auf die Bewunderung anderer angewiesen ist.

Selbstliebe muss gelernt werden

Diese Liebe zu sich selbst wird niemandem in die Wiege gelegt. Sie muss - ebenso wie die Liebe zu anderen Menschen - erlernt werden. Wer die Fähigkeit, sich selbst zu lieben, nicht oder nur unzureichend erwirbt, wird auch mit den anderen Übungen des Lernprozesses der Liebe Schwierigkeiten haben. So entsteht die Figur des Pflichtliebenden, der damit nicht nur andere, sondern auch sich selbst quält. Ich bin schon vielen Christen begegnet, die stolz auf ihre vermeintliche „Selbstlosigkeit" hingewiesen haben, bei denen aber mit Händen zu greifen war, dass dahinter ein völlig zerrüttetes Selbstbild stand. Schade, dass eine solche neurotische Haltung in manchen Gemeinden noch gefördert wird. Diese Menschen wundern sich, dass sie - obwohl sie ständig „für andere" da sind - die Beziehungen zu ihren Mitmenschen als unbefriedigend erleben und selbst unglücklich sind. Manchmal meinen sie sogar, dieses Unglück sei der Preis für wahre Liebe und Selbstlosigkeit - dabei ist es nur der Preis dafür, dass sie nicht gelernt haben, mit sich selbst Freundschaft zu schließen!

Praktische Anleitung

  • Spiegelübung: Wie lange ist es her, dass Sie Ihr eigenes Gesicht betrachtet haben, nicht beim Rasieren, Waschen oder Schminken, sondern einfach nur, um in Ruhe darin zu lesen? Tun Sie das einmal. Nehmen Sie sich genau fünf Minuten Zeit für diese Übung. Und dann schreiben Sie auf, wie Sie sich dabei gefühlt haben. Experimente mit dieser Übung in unserem Gemeinschaftslabor haben gezeigt, dass diese fünf Minuten sehr viel darüber aussagen, inwieweit wir fähig und in der Lage sind, uns selbst zu lieben.
  • Was ich an mir gut finde: Schreiben Sie einmal alles auf, was Sie an sich gut finden. Lesen Sie sich diese Liste dann laut vor, danken Sie Gott dafür - und freuen Sie sich darüber!
    Ich werde geliebt: Die Zeit zwischen Wachen und Schlafen ist sehr wichtig für die weitere Übung. Dann sind wir noch in Kontakt mit unserem Bewusstsein,
    spinnen aber schon Fäden zum Unbewussten. Das Unbewusste kritisiert nicht und ist auch nicht selektiv, sondern empfänglich und offen für alles, was es wahrnimmt.
    wahrnimmt. Es nimmt alles auf wie ein Tonband. Deshalb müssen wir beim Üben darauf achten, dass die Suggestionen, die wir uns selbst geben, wirklich mit der Wahrheit Gottes übereinstimmen.
    mit der Wahrheit Gottes übereinstimmen. Sagen Sie sich jeden Morgen nach dem Aufwachen (oder jeden Abend vor dem Einschlafen) 20 Mal laut: "Ich bin ein von Gott geliebter Mensch". Durch die Wiederholung prägt sich diese Wahrheit immer mehr in das Unterbewusstsein ein. In deinem Kopf weißt du es schon. Jetzt geht es darum, dass diese Erkenntnis Ihre ganze Person und auch Ihre Gefühle prägt!
  • Allein sein: Menschen, die sich selbst nicht lieben können, haben oft auch Schwierigkeiten mit dem Alleinsein. Es tut uns allen gut, bewusst zu lernen, allein zu sein - ohne zu lesen, Radio zu hören, fernzusehen oder zu essen. Nehmen Sie sich dafür eine Stunde Zeit und schreiben Sie hinterher auf, wie Sie sich dabei gefühlt haben.

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3: Vom anderen her denken

Während es bei den ersten beiden Übungen darum ging, wie ich als Christ Liebe erfahren kann, wollen wir uns bei allen folgenden Übungen darauf konzentrieren, welche praktischen Schritte wir unternehmen können, um die Liebe, die wir empfangen haben, an andere weiterzugeben.

Das vielleicht wichtigste Grundprinzip der Liebe ist die Bereitschaft, in die Haut des anderen zu schlüpfen und zu versuchen, die Welt mit seinen Augen zu sehen. Warum verhält er sich so, wie er sich verhält? Warum ist er so geworden? Was sind seine Ängste, seine Träume, seine Sehnsüchte? Solche Fragen müssen wir uns immer wieder stellen, nicht nur bei Menschen, die uns sympathisch sind, sondern gerade auch bei denen, mit denen wir uns schwer tun.

Feindesliebe muss praktisch werden

„Wollt ihr noch dafür belohnt werden, dass ihr die liebt, die euch lieben? Das kann doch jeder! Wenn ihr nur eure Freunde liebt, ist das etwas Besonderes? Das tun auch die, die nichts von Gott wissen", sagt Jesus (Mt 5,46f). Und er fordert uns unmissverständlich auf: "Liebt eure Feinde und bittet für alle, die euch hassen und verfolgen! Denn so werdet ihr leben als Söhne eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne scheinen über Böse und Gute und lässt regnen über Fromme und Gottlose" (Mt 5,44f).

In diesem Grundsatz liegt eines der tiefsten Geheimnisse der schöpferischen Kraft christlicher Liebe. Ich habe hier viel gelernt von Pfarrer Heinrich Albertz, dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, der im März 1975 nach der Entführung des CDU-Politikers Lorenz ausgewählt wurde, die durch Erpressung freigelassenen Terroristen als Bürge und Geisel im Flugzeug nach Aden zu begleiten. Dort saß er nun hautnah mit der Top-Elite der deutschen Terroristen zusammen, also mit den Leuten, gegen die sich verständlicherweise der Zorn der meisten unbescholtenen Bürger richtete - eingesperrt in der Enge eines Flugzeugs, mitten in einer hochbrisanten Situation, in der es für alle Beteiligten um Leben und Tod ging.

Einige Zeit nach diesen Ereignissen besuchte ich Heinrich Albertz. Ich wollte von ihm wissen, ob er in den 30, 40 Stunden, die er in dieser Extremsituation mit den Terroristen verbracht hatte, auch nur einmal den Wunsch verspürt habe, diesen Leuten an die Gurgel zu gehen.

„Nein, überhaupt nicht", sagt er. "Das ganze Unternehmen war nur möglich, wenn man von Anfang an ein Mindestmaß an Vertrauen zueinander hatte. Wenn da Aggressionen hochgekommen wären, hätte das schrecklich enden können." Und er fügt hinzu: "Das war übrigens rein menschlich nicht der Fall. Die Jugendlichen, mit denen ich zu tun hatte, haben sich mir gegenüber so verhalten, wie ich es mir von meinen eigenen Kindern wünsche, nämlich so, wie sie es tun.

Warum Abscheu nicht weiterhilft

Heinrich Albertz betonte, und seine Worte wurden leidenschaftlich, er habe die Terroristen nur als Menschen behandelt, "nicht mehr und nicht weniger". Und er formulierte den Satz: Nur wenige Menschen sind Verbrecher, und alle Verbrecher sind Menschen. Ich fragte ihn, ob es nicht gerade ein Zeichen eines intakten moralischen Empfindens sei, Abscheu gegenüber terroristischen Gewalttaten und ihren Akteuren zu empfinden.

Mein Gesprächspartner zuckte die Schultern. Was heißt denn Abscheu? Mit Abscheu erreicht man nichts. Sie hilft uns überhaupt nicht, aus dem Teufelskreis der Gewalt herauszukommen. Was mich in all den Jahren geärgert hat, ist, dass diese Gesellschaft überhaupt nicht bereit war, sich zu fragen, wer vielleicht noch ein bisschen mitverantwortlich ist, dass diese Jugendlichen in diese Gewaltsituationen geraten sind. Ich habe nie so einfach gesagt: Die Gesellschaft ist schuld. Sondern ich habe immer gesagt: Natürlich gibt es eine ganz untrennbare persönliche Verantwortung jedes Einzelnen, der den Herrn Buback erschossen hat oder der den Herrn Lorenz ausgeraubt hat. Aber dass es Zusammenhänge gibt, das wollte diese Gesellschaft nicht hören. Und wir, die wir das gesagt haben, haben sehr früh und sofort gesagt, dann sind wir von vornherein gleich Sympathisanten oder sogar halbe Terroristen." Bei diesen Worten musste ich erst einmal schlucken - bis mir klar wurde, dass Heinrich Albertz genau ins Schwarze getroffen hatte. (...) Gerade wir Christen, so scheint es mir, neigen dazu, unsere eigene Moralität dadurch unter Beweis zu stellen, dass wir mit großem Pathos unsere Abscheu vor jeder Form von Unmoral bekunden. "Abscheulich, diese Terroristen[" - "Unfassbar, diese Mütter, die ihre Kinder im Mutterleib töten!" - "Einfach pervers, diese Atombombenwerfer!" - ,,Ungeheuerlich, diese Nazi-Bestien!" - ,,Unglaublich, wie die Stasi unser Land tyrannisiert hat!" - ,,Skandalös, dieser unzüchtige Lebenswandel der Jugend!" - Wir sagen das und fühlen uns dadurch moralisch erhaben über all diese Menschen. Wir sind die Guten, sie sind die Bösen. Unser Abscheu vor ihren Untaten beweist es.

Den Terroristen in mir erkennen

Wir beginnen erst zu lieben, wenn wir uns selbst im anderen erkennen: im Terroristen, im Abtreiber, im Atombombenwerfer, im Nationalsozialisten, im Kommunisten, im Ehebrecher. Die große Gefahr besteht darin, dass sich unsere eigene Moral nur in der Abscheu vor der Unmoral ausdrückt: Wir teilen die Menschen in zwei Kategorien ein, die Guten und die Bösen, und sehen uns ganz selbstverständlich auf der Seite der Guten, während wir uns von den anderen innerlich und äußerlich distanzieren. Eine Tabuschranke zwischen Ich und Anti-Ich, eine Art psychologische Berliner Mauer, schützt uns vor der Erkenntnis, dass das Böse unser eigener Schatten ist.

Erkenne deine eigene Wut, und der Mörder wird dir nicht mehr als unbegreifliche Bestie erscheinen. Erkenne den Knecht und den Herrn in dir, und du wirst Mitleid mit den Masochisten und Sadisten haben. Erkenne deine eigene Ohnmacht gegenüber staatlicher Bürokratie und Selbstgerechtigkeit, und Ulrike Meinhof wird dir nicht mehr als Ausgeburt des Bösen schlechthin erscheinen. Erkenne deine eigene Todessehnsucht, und der Selbstmörder wird dir nicht mehr fremd erscheinen. Erkenne deine eigene Angst vor Zivilcourage und Risikobereitschaft, und du wirst merken, dass der potentielle Stasi-Mitarbeiter auch in dir steckt.

Die Gefahr von Etiketten

Wer nicht bereit - oder fähig - ist, im anderen einen Teil von sich selbst zu entdecken (vielleicht einen sehr verdrängten Teil), wird immer damit beschäftigt sein, Mauern der Abgrenzung zu errichten, um die eigene Überlegenheit zu beweisen. Wir geben dem anderen ein Etikett, und damit ist die Sache für uns erledigt. Er ist Jude. Er ist schwarz, Türke. Politisch. Hippie. Müsli. Punk. - Fertig!

Ein Punk - was ist das eigentlich? Kann er lieben? Kann er freundlich sein? Wie geht er mit seinen Freunden um? Hat er Kinder? Kann er weinen? Ist er einsam? Ist er schön? Ist er glücklich? Hat er jemandem etwas zu geben? Das sind die wichtigen Dinge, nicht die Tatsache, dass er ein Punk, ein Schwarzer, ein Jude, ein Sozi oder ein Reaktionär ist. 

Die Fähigkeit, die Welt aus der Perspektive des anderen zu sehen, fällt uns nicht in den Schoß. Wir müssen uns darin üben. Wer sich in dieser Kunst nicht übt, für den werden Polizisten im Handumdrehen zu „Bullen", Demonstranten zu „Steinewerfern", Amerikaner zu „Kapitalistenschweinen", Sozialisten zu „Atheisten", Freikirchler zu „Sektierern", Gemeindegründer zu „Abtrünnigen", Landeskirchler zur Hure Babylon. So feiert massiv ideologisches Denken fröhliche Urständ, und das mitten in der christlichen Gemeinde!

Wie Mauern fallen

 So entstehen Mauern zwischen Menschen, die in ihrer trennenden Funktion der Berliner Mauer in nichts nachstehen. Natürlich verwendet jeder Mauerbauer viel Energie darauf, die Notwendigkeit gerade dieser Mauer mehr oder weniger intelligent zu begründen. Das Propagandaministerium der eigenen Psyche arbeitet auf Hochtouren. Und ein echter Ideologe verkauft seine Mauer nicht nur anderen als antifaschistischen (oder antisektiererischen oder antipluralistischen oder antiatheistischen) Schutzwall, er glaubt auch selbst daran. Armer Ideologe!

Freunde, lasst uns fröhlich daran gehen, solche Mauern niederzureißen! Das ist das Beste, was mit ihnen geschehen kann. Als ich im November 1989 im Autoradio von der Öffnung der Berliner Mauer hörte, fuhr ich sofort nach Berlin und gehörte zu denen, die mit kräftigen Hammerschlägen auf das Mauerungetüm einschlugen, und jeder Stein, den wir aus der Mauer schlugen, war für uns ein Grund, die Sektgläser zu heben und mit Freunden aus Ost und West anzustoßen. Es war ein großes Fest, ein wunderbares Fest!

Nur diejenigen konnten nicht mitfeiern, für die mit der Mauer auch die Ideologie zusammenbrach, auf der sie ihr Leben aufgebaut hatten. Wie wäre es, wenn in unseren Gemeinden ähnliche Feste gefeiert werden könnten, weil es Christen gelungen ist, mit mächtigen Hammerschlägen die Mauern niederzureißen, die sie voneinander und von den Nichtchristen trennten? Den Sekt dazu würde ich gerne spendieren!

Praktische Aneigungen:

Mit mir selbst zusammenleben: Fragen Sie sich: Wenn Sie mit einer Person zusammenleben müssten, die genau Ihre Eigenschaften hätte, was würden Sie an dieser Person ändern wollen? Schreiben Sie diese Dinge hier auf. Das kann ein erster Schritt sein, uns selbst aus der Perspektive derer zu sehen, die viel mit uns zu tun haben.

Ich bin jetzt du: Bei dieser Übung versetzen Sie sich innerlich in eine andere Person, deren Position Sie nur schwer nachvollziehen können (Beispiele: Ein Konservativer versetzt sich in einen Sozialisten, ein Charismatiker in einen Anti-Charismatiker, ein Freikirchler in einen Landeskirchler, ein Abtreibungsgegner in eine Frau, die abgetrieben hat usw.).

Warten Sie einen Moment ab, in dem Sie sich einigermaßen wohl fühlen und Ihre Gefühle einigermaßen unter Kontrolle haben. Ziehen Sie sich an einen ruhigen Ort zurück, entspannen Sie sich und schließen Sie die Augen. Erinnern Sie sich an einen bestimmten Vorfall, bei dem es zu einer Auseinandersetzung über die aufgeworfene Frage kam. Lassen Sie diesen Vorfall vor Ihrem inneren Auge aufsteigen und erleben Sie ihn noch einmal in allen Einzelheiten. Statt zu versuchen, den anderen zu verstehen, verzichten Sie auf diesen Versuch.

Schlüpfen Sie nun mit all Ihrer Vorstellungskraft (zu der Sie fähig sind) in die Haut des anderen. Gehen Sie den Vorfall noch einmal durch; versuchen Sie, die gleichen Personen wie damals vor sich zu sehen und das gleiche Gespräch zu hören, aber diesmal aus der Sicht der anderen Person. Versuchen Sie, alle Worte aus dem Inneren des anderen heraus zu fühlen, wie er sie empfindet und wie sie für ihn wirklich sind.

Sie werden feststellen, wie sehr Ihnen diese Übung hilft, die Welt mit den Augen des anderen zu sehen. Machen Sie nach der Übung ein Protokoll, in dem Sie genau festhalten, wie Sie sich in den verschiedenen Phasen der Übung gefühlt haben. Bei Versuchen in unserem Gemeindelabor haben wir festgestellt, dass es den Menschen die ersten drei bis vier Male relativ schwer fällt, solche Übungen durchzuführen, dass es dann aber immer leichter wird.

Gespräch unter vier Augen: Suchen Sie bewusst das Gespräch mit einer Person, deren Verhalten Ihnen Schwierigkeiten bereitet. Stellen Sie ihm in diesem Gespräch nur Fragen, die ihm helfen, seine Position oder Situation verständlicher zu machen. Streiten Sie nicht. Versuchen Sie, sich für die Dauer des Gesprächs auch emotional ganz in seine Lage zu versetzen. Bereiten Sie das Gespräch mit einem Gebet vor, in dem Sie Gott um viel Feingefühl und Einfühlungsvermögen bitten. Notieren Sie sich stichwortartig, wie das Gespräch verlaufen ist.

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Schluss mit der frommen Heuchelei

So wichtig es ist, die Welt mit den Augen des anderen zu sehen, so darf uns dieser Grundsatz nicht zur Heuchelei verleiten. Viele Christen begehen eine Unaufrichtigkeit nach der anderen, rechtfertigen sich aber damit, dass sie dies nur tun, um anderen Leid zu ersparen.

Eine solche Heuchelei hat jedoch nichts mit Liebe zu tun. Die beste Waffe gegen die Heuchelei ist die Liebe, ja, sie ist nicht nur eine Waffe, sondern ein gähnender Abgrund, sie hat mit der Heuchelei für alle Zeiten nichts zu tun", sagt der dänische Religionsphilosoph Sören Kierkegaard.

Liturgie der Heuchelei

Aber es gibt Gemeinden, in denen diese Heuchelei schon fast zur Liturgie zu gehören scheint. Man hat sich so daran gewöhnt, dass man gar nicht mehr merkt, was hier eigentlich gemacht wird, nämlich schlicht und einfach gelogen.

„Die Predigt hat mich sehr angesprochen", sagen wir, obwohl wir in Wahrheit im Gottesdienst fast eingeschlafen wären. Wir rufen entzückt aus: "Was für ein schönes Kleid!", wenn wir uns fragen, ob die betreffende Person an Geschmacksverirrung leidet. Wir sagen gerührt, wie tief uns eine musikalische Darbietung berührt hat, obwohl wir uns während des Vortrags die ganze Zeit gefragt haben, warum der Musiker seine Gitarre nicht gestimmt hat. Wir bedanken uns überschwänglich für Geschenke, die dann im Keller landen, bewundern Wohnungen, die wir geschmacklos finden, und loben andere für ihre letzten Bastelarbeiten. So laufen wir Gefahr, irgendwann nicht mehr ernst genommen zu werden - und das zu Recht.

Wenn man einen Christen auf solche Unehrlichkeit anspricht, wird er sagen: "Stimmt, das war nicht ganz ehrlich. Aber ich wollte XYZ nicht verletzen." Das klingt, als würde hier das Prinzip der Liebe, vom anderen her zu denken, ernst genommen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Die meisten dieser Lügen sind reiner Selbstschutz. Wir wollen uns Unannehmlichkeiten ersparen. Wir manipulieren die Wahrheit, um uns das Leben bequem und angenehm zu machen.

Nichts ist so lieblos wie Unaufrichtigkeit

Die Wahrheit tut manchmal weh, aber es kann hundertmal schmerzhafter sein, von einem geliebten Menschen ständig unehrlich behandelt zu werden. Solche Lügen - und seien sie noch so „gut gemeint" - können das Vertrauensverhältnis ein für alle Mal zerstören.

Wir müssen uns darauf verlassen können, dass wenigstens die Menschen, die uns lieben und die wir lieben, ehrlich zu uns sind und uns die Wahrheit sagen. Nur sie werden es wagen, uns darauf aufmerksam zu machen, dass wir noch eine Nudel vom Mittagessen im Bart hängen haben. Andere lassen uns den ganzen Tag mit dieser Nudel herumlaufen.

Wer uns liebt, sagt: ,Du hast übrigens eine Nudel im Bart.'" Wer sagt, dass wir jemandem die Wahrheit nur auf schmerzhafte Weise beibringen können? Es geht auch sanft. Man muss nicht sagen: "Diese Predigt hat mich zu Tode gelangweilt." Man kann auch sagen: „Ich fand diese Predigt bei weitem nicht so lebendig und aussagekräftig wie die vor einer Woche. Aber das ist nur meine Meinung, und ich bin ja nicht Billy Graham."

Oder nehmen wir an, ein Besucher kommt im unpassendsten Moment vorbei und sagt: "Ich störe doch nicht, oder?" Dann müssen Sie nicht euphorisch ausrufen: ,,Überhaupt nicht, ich habe schon auf dich gewartet!", noch muss man sagen: ,,Hau ab, du Ungeheuer!" Man kann es zum Beispiel auch so ausdrücken: ,,Ja, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt. Aber ich würde mich freuen, wenn wir heute Abend telefonieren könnten. Wie wäre es gegen sechs?" Das ist ehrlich - und es ist liebevoll. Wahrheit und Liebe schließen sich nicht aus.

Vorsicht: Lassen Sie sich nicht davon verwirren, dass die eine Übung „Denke vom Anderen her" heißt, während das Motto der nächsten "Sei ganz du selbst" lautet. Tatsächlich scheinen sich einige Übungen des Liebeslernprozesses zu widersprechen. Aber das liegt in der Natur des Themas "Liebe". Es gibt keine Verhaltensmuster, die für alle Situationen gelten. Was in einer Situation richtig ist, kann in einer anderen falsch sein. Je mehr unterschiedliche Übungen man macht, desto besser wird man in der Lage sein, sich in wechselnden Situationen so zu verhalten, wie es der Liebe jeweils am besten entspricht.

Praktische Anleitung

Schockierende Ehrlichkeit: Diese Übung ist nichts für schwache Nerven! Nehmen Sie sich eine Woche lang vor, das, was andere zu Ihnen sagen, wörtlich zu nehmen. Zum Beispiel: Wenn jemand zu Ihnen sagt: Ich bete für dich, dann geben Sie ihm auch eine ganze Liste von Gebetsanliegen und fragen ihn hinterher, wie es ihm mit dem Beten geht. Oder: Wenn Sie im Restaurant gefragt werden, wie es Ihnen geschmeckt hat, und das Essen war wirklich schrecklich, dann sagen Sie wahrheitsgemäß: "Schrecklich". Oder: Wenn Sie jemand fragt: "Wie geht es Ihnen?", dann erzählen Sie ausführlich, wie es Ihnen gerade geht.

Wohlgemerkt: Wir sagen nicht, dass dies in jedem Fall die richtige Art ist, mit Menschen umzugehen. Es ist nur eine Übung, die Ihnen zeigen soll, wie viel menschliche Kommunikation - auch unter Christen - von Floskeln geprägt ist, die nicht ehrlich gemeint sind. Der normale Umgang mit Menschen ist viel differenzierter. Aber wer diese Übung einmal gemacht hat, wird ein feines Gespür1 dafür entwickeln, ob eine bestimmte Floskel Ausdruck eines höflichen Umgangs miteinander ist - oder schlicht Verlogenheit.

Situationen, in denen ich nicht ehrlich war: Schreiben Sie eine Woche lang jeden Abend auf, in welchen Situationen Sie im Laufe des Tages nicht ganz ehrlich waren. Und überprüfen Sie jede dieser Situationen anhand von zwei Fragen: 1. Habe ich mich so verhalten, weil es in dieser Situation der Liebe für die andere Person entsprach? Bitte verwenden Sie bei der Beantwortung dieser Frage unbedingt die Definition von Liebe auf Seite 21 (und nicht irgendeine romantisch-vage Vorstellung von Liebe!). 2. Habe ich mich so verhalten, weil ich selbst zu feige/konfliktscheu/harmoniebedürftig war, um wirklich die Wahrheit zu sagen?

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5: Vertrauen lernen

Kennen Sie die Geschichte von dem Mann, der mit seinem Auto eine enge, kurvige Bergstraße hinauffährt? Er kommt an eine sehr, sehr enge Kurve. Als er sie umfährt, kommt ihm eine Frau entgegen. Sie streckt ihren Kopf aus dem Autofenster und schreit: "Schwein!" Er schreit zurück: ,,Du verdammte Sau!" Und als er um die Kurve kommt, überfährt er ein Schwein!

Vielen von uns fällt es schwer zu glauben, dass Menschen bereit sind, uns etwas Gutes zu tun. Ich persönlich mache Menschen, die ich nicht kenne, gerne kleine Geschenke, um ihnen eine Freude zu machen. Manchmal bringe ich Geschenke zu Seminaren mit, um sie den Teilnehmern zu geben. Wenn ich sie übergebe, denken die meisten, dass ich damit irgendeine pädagogische Absicht verfolge, und viele glauben mir nicht, wenn ich ihnen sage, dass ich es „einfach so" getan habe.

Geschenke - nein danke!

Ich habe mich mehrfach in die Hamburger Fußgängerzone gestellt und 1-Mark-Stücke an Passanten verschenkt. Die Reaktionen der Menschen waren aufschlussreicher als jede psychologische Fachliteratur zum Thema „Vertrauen"!

Eine Dame beschleunigte sofort ihre Schritte, als ich ihr das Markstück anbot - fast so, als hätte ich sie mit etwas Unzüchtigem belästigt. Eine andere Frau nahm ihr Kind, das schon freudig nach dem Markstück greifen wollte, fest an die Hand, zog es weg und sagte mit finsterer Miene: "So etwas tut man nicht! ,,So etwas tut man nicht!" und gab dem verdutzten Knaben zu allem Überfluss auch noch einen Klaps auf die Hand. Ein älterer Herr zeigte mir einen Vogel und schrie hysterisch: "Du Anarchistenschwein!"

Andere fragten mich, warum ich das mache, und ich antwortete ihnen wahrheitsgemäß: ,,Um Ihnen eine Freude zu machen." Spätestens nach diesem Satz war es bei vielen mit dem Wohlwollen vorbei! ,,Ein Fall für die Irrenanstalt", rief mir ein Passant ins Gesicht. Einige rissen mir hektisch das Markstück aus der Hand und rannten wie aufgescheuchte Turteltauben davon, als hätten sie etwas erbeutet.

Wissen Sie was? Weniger als 10 Prozent nahmen das Markstück an, bedankten sich und schienen sich wirklich zu freuen. Mit anderen Worten: Weniger als 10 Prozent verhielten sich so, wie sich normale Menschen verhalten sollten, die dem anderen nichts Böses wollen! Wenn Sie das nicht glauben, versuchen Sie es doch einmal selbst! Sie können sicher sein, dass Sie dadurch nicht arm werden - die meisten Menschen gehen achtlos an den angebotenen Geschenken vorbei.

Praktische Anleitungen:

Situationen, in denen man vertraut: Wenn Sie Schwierigkeiten haben, Menschen zu vertrauen, wird Ihnen diese Anleitung helfen. Sammeln Sie zunächst möglichst viele Situationen aus Ihrem Alltag, in denen Sie Menschen vertrauen, ohne dass Ihnen das Schwierigkeiten bereitet (z.B. Busfahrer, Ärzte, Post, Flugzeug usw.).

Dann stellen Sie eine Liste mit möglichst vielen Situationen zusammen, in denen es Ihnen schwer fällt, Menschen zu vertrauen.

 

Versuchen Sie nun Folgendes: Verhalten Sie sich in einigen der Situationen, in denen Sie anderen ganz selbstverständlich vertrauen, so, als hätten Sie kein Vertrauen (Beispiel: "Woher weiß ich, dass der Busfahrer keinen Unfall baut?"). Überlegen Sie, was Sie tun würden, wenn Sie in diesen Situationen kein Vertrauen hätten. Schreiben Sie Ihre Gefühle und die Reaktionen Ihrer Umwelt auf.

Dann drehen Sie den Spieß um: Versuchen Sie, sich in einigen Situationen, in denen es Ihnen normalerweise schwer fällt zu vertrauen, so zu verhalten, als hätten Sie Vertrauen. Notieren Sie auch hier Ihre Gefühle und die Reaktionen Ihrer Umwelt. Und beobachten Sie, wie sich diese Übung auf Ihre Einstellung zum Leben auswirkt!

Sich fallen lassen: Wenn Sie zu einer Gruppe von Christen gehören, machen Sie folgendes Experiment: Einer der Teilnehmer stellt sich mit geschlossenen Augen in die Mitte des Raumes. Sechs andere stellen sich hinter ihm so auf, dass sich jeweils drei gegenüberstehen und eine Art Gasse bilden. Sie halten sich fest an Armen oder Händen und fordern nun den ersten auf, sich nach hinten fallen zu lassen. Sie fangen ihn auf und tragen ihn eine Weile. Jeder ist einmal an der Reihe, sich fallen zu lassen und getragen zu werden. Tauschen Sie sich anschließend über Ihre Erfahrungen aus.

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6: Mut zur Verwundbarkeit

Es gibt viele Panzerungen gegen die Liebe, die wir oft gar nicht als solche erkennen. Ihnen liegt ein heimlicher Schwur zugrunde: Nie wieder will ich den Schmerz erfahren, zurückgewiesen zu werden!"

Wir alle kommen als Verletzte zur Liebe. Und viele haben sich einen regelrechten Seelenpanzer zugelegt, der sie vor weiteren Verletzungen schützen soll. Wir sollten aber nie vergessen, dass wir für den Schutz, den uns ein solcher Panzer gewährt, auch einen hohen Preis zahlen müssen. Wenn ein mittelalterlicher Ritter in voller Rüstung vom Pferd fiel, konnte er ohne fremde Hilfe kaum wieder aufstehen. Unsere Panzerung kann uns emotional ebenso starr und unbeweglich machen - gerade dann, wenn sie uns wirksam vor Verletzungen schützt.

Unser Seelen- und Gefühlspanzer, das liegt in der Natur der Sache, hält nicht nur unsere Feinde auf Distanz, sondern auch unsere Freunde und Liebhaber. Das Schlimmste aber ist, dass ein solcher Panzer uns auch davor bewahren kann, Gottes Liebe zu erfahren. So wie der Panzer uns von anderen Menschen fernhält, so hält er auch die Liebe von uns fern.

Ohne Risiko geht es nicht

Liebe erfordert den Mut, den Panzer abzulegen und sich verletzlich zu machen. Damit gehen wir ein Risiko ein. Aber Liebe ist nicht billiger zu haben. An dieser Stelle kommen wir an einen echten "Knackpunkt" in unserem Liebeslernprozess. Ich habe in einigen Seminaren erlebt, dass genau an diesem Punkt bei Menschen Ängste auftauchten, die den Schmerz der bisher erfahrenen Verletzungen nicht noch einmal erleben wollten. Diese Angst kann ich gut verstehen.

Wenn wir für unsere Liebe Gleichgültigkeit oder gar Ablehnung erfahren, sind wir enttäuscht. Der Schmerz eines Liebenden, dessen Liebe verschmäht wird, ist einer der stärksten seelischen Schmerzen, die wir uns vorstellen können. Die Liebe zu einer Pflanze ist einfacher, weil sie risikoloser ist. Die Pflanze kann mich nicht verletzen wie ein Mensch.

Trotzdem: Ohne Mut zur Verletzlichkeit geht es nicht. Wem das schwerfällt, dem helfen vielleicht die folgenden Gedanken:

Wir sollten uns von der utopischen Vorstellung lösen, dass uns alle Menschen mögen müssen. Stellen Sie sich vor, Sie wären die schönste und wohlschmeckenste Frucht der Welt - vielleicht ein reifer, saftiger Apfel - und würden Ihr köstliches Aroma der ganzen Welt anbieten. Aber auch wenn Sie der schmackhafteste Apfel der Welt sind, vergessen Sie nicht, dass es Menschen gibt, die Äpfel mögen.

Es gibt immer jemanden, den Sie lieben, der Sie, den besten Apfel der Welt, nicht mag, weil er Bananen bevorzugt. Dann kann man sich entscheiden, eine Banane zu werden. Aber in diesem Fall müssen Sie wissen, dass Sie bestenfalls eine zweitklassige Banane werden können. Man kann nur der beste Apfel werden, den man sich vorstellen kann. Man kann sein ganzes Leben lang versuchen, die beste Banane zu werden, die man sich vorstellen kann, aber das ist unmöglich, wenn man ein Apfel ist. Oder man kann versuchen, der beste Apfel zu sein, und gelassen damit rechnen, dass es ganz normal ist, dass es Menschen gibt, die keine Äpfel mögen!

Wir sollten von Anfang an damit rechnen, dass Einladungen auch abgelehnt werden können. Man kann den Tisch mit erlesenen Speisen decken, aber man kann niemanden zum Essen zwingen. Die Liebe gibt jedem die Freiheit, nach seinem Geschmack zu wählen oder abzulehnen. Wer eine Einladung ausspricht, sollte wissen, dass es normal ist, wenn sie nicht angenommen wird. Wir sollten es nicht als persönlichen Angriff auffassen, wenn dies geschieht. Menschen, die unsere Einladung nur annehmen, weil sie uns nicht verletzen wollen, tun uns in Wirklichkeit keinen Gefallen.

Wir müssen wissen: Nur im Tod sind wir unverletzlich. Leben heißt verwundbar sein. Zur seelischen Gesundheit gehört die Bereitschaft, Verletzungen zuzulassen. Der einzige Ort, der uns Unverwundbarkeit garantiert, ist der Tod. Wenn wir erfahren wollen, was es heißt, zu leben - und nicht nur zu vegetieren -, müssen wir bereit sein, das Sicherheitsdenken aufzugeben.

C. S. Lewis drückt es sehr treffend aus: Liebe irgendetwas - und dein Herz wird sicherlich leiden und vielleicht zerbrechen. Wenn du sicher sein willst, dass es davor bewahrt bleibt, dann darfst du dein Herz niemandem schenken, nicht einmal einem Tier".

Voraussetzung zum Glücklichsein

Zweifellos ist ein Mensch, der liebt, verletzlicher als einer, der nicht zu lieben wagt. Aber es darf nicht der Eindruck entstehen, dass Verwundbarkeit unweigerlich zum Unglück führt. Im Gegenteil: Die Bereitschaft, sich verletzlich zu machen, ist die Voraussetzung dafür, ein wirklich glücklicher Mensch zu werden.

Nur so kannst du, wenn auch vielleicht nur für einige glückliche Augenblicke, die Faszination erleben, wie die Entfremdung aufhört und durch ein Gefühl der Zugehörigkeit ersetzt wird. Dein Bewusstsein entdeckt, dass es nicht isoliert ist. Du spürst die geheimnisvollen Schwingungen, die dich mit der Seele des anderen verbinden. Du fühlst dich verletzlich und gleichzeitig sicher. Dein Körper entspannt sich. Das Blut fließt leichter durch jede Ader und Vene. Du kannst befreit atmen. Dein Charakterpanzer wird weicher. Die Abwehrmechanismen, die du dir gegen eine feindliche Welt antrainiert hast, verschwinden. Die Hingabe öffnet eine Tür zu dir selbst. Gerade in diesen Momenten erfährst du dich - ganz du selbst.

Kennen Sie Momente, in denen Sie dieses Gefühl durchströmt hat? Wer das einmal erlebt hat, wird so schnell nicht wieder freiwillig in seinen Seelenpanzer zurückkriechen wollen.

Praktische Anleitungen:

Schlechte Erfahrungen: Schreiben Sie Situationen auf, in denen Sie sich verletzlich gemacht haben - und verletzt wurden. Solche negativen Erfahrungen können Ihre Bemühungen, in der Liebe zu wachsen, sehr behindern. Bringen Sie diese Situationen im Gebet vor Gott und bitten Sie ihn, dass diese Erfahrungen Sie in Zukunft nicht mehr daran hindern, sich anderen Menschen gegenüber verwundbar zu machen. Es wäre auch gut, mit erfahrenen Seelsorgern darüber zu sprechen.

Abgelehnte Einladungen: Sprechen Sie im Laufe der nächsten Woche eine oder mehrere Einladungen (zum Essen, zum Gottesdienst, zu einer Gemeindeveranstaltung etc.) aus, bei denen Sie aufgrund Ihrer bisherigen Erfahrungen mit einer Absage rechnen müssen. Überprüfen Sie Ihre Gefühle, wenn eine solche Absage kommt. Können Sie gelassen reagieren? Je öfter Sie diese Übung machen, desto größer wird Ihre Gelassenheit.

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7: Vergebung befreit

Welche befreiende Wirkung Vergebung haben kann, habe ich sehr eindrücklich von Pfarrer Uwe Holmer aus Lobetal bei Berlin erfahren. Als Erich Honecker durch die revolutionären Ereignisse im Herbst 1989 als Staatschef der DDR abgesetzt wurde und nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus obdachlos war, war es die Familie Holmer, die sich bereit erklärte, den Ex-Diktator in ihrem Pfarrhaus aufzunehmen und ihm Gastfreundschaft zu gewähren. Während sich der Hass der Bevölkerung immer stärker gegen den Repräsentanten des Unterdrückungsregimes richtete, setzte Holmer ein Zeichen der Vergebung.

Pfarrer Holmer wurde für dieses Verhalten vielfach kritisiert. In einem Rundschreiben erklärte er dazu Unsere Familie hat diesen Schritt nicht aus Sympathie mit dem alten Regime getan. Von unseren 10 Kindern haben wir 8 für die Erweiterte Oberschule angemeldet. Keines von ihnen wurde angenommen, trotz guter und bester Noten. Aber wir sind darüber nicht verbittert, weil wir in der Nachfolge unseres Herrn wirklich vergeben haben".

Wie der Zorn verschwand

Eine Woche, nachdem Erich Honecker und seine Frau Margot das Pfarrhaus in Lobetal wieder verlassen hatten, besuchte ich Uwe Holmer. Ich wollte von ihm wissen, ob er wirklich keinen Groll gegen den Mann hege, der für ein System verantwortlich war, unter dem auch seine Familie zu leiden hatte.

Er erzählte mir, dass er in der Vergangenheit, als Honecker die Mauer bauen ließ und andere ungerechte Dinge im Land geschahen, durchaus Groll empfunden habe. Aber in dem Moment, als ihm das Ehepaar Honecker im Flur seines Pfarrhauses gegenüberstand, war von diesem Groll nichts mehr zu spüren.

"Ich wundere mich über mich selbst", erzählt mir Uwe Holmer, "dass diese alte Wut auf die Regierung plötzlich wirklich weg war. Aber wissen Sie, ich lebe seit Jahren von der Vergebung meines Herrn. Und ich weiß, dass mein Herr will, dass ich auch anderen vergebe. Wenn man jahrelang von der Vergebung lebt, dann fällt es einem nicht mehr so schwer, anderen zu vergeben. Deshalb konnte ich den Honeckers wirklich von Mensch zu Mensch begegnen.

Verstehen - nicht entschuldigen

Ich frage ihn, ob er jetzt, nachdem seine Familie zwei Monate mit Honecker zusammengelebt hat, besser verstehen kann, warum dieser Mann so geworden ist, wie er war. „Ja, ich verstehe ihn jetzt ein bisschen besser", sagte er. Ich sehe ihn als Kommunisten, der aus einem Arbeiterhaushalt kam, der viel mitgemacht hat. Für ihn war das Christentum gleichbedeutend mit Ausbeutung - so sah er es jedenfalls als Kind -, so dass sein Kommunistenwerden durchaus in seiner Entwicklung lag. Dann wurde er von den Nazis verhaftet und saß zehn Jahre im Zuchthaus Brandenburg. Schließlich befreite ihn die Rote Armee - für ihn waren es die Genossen, die ihn befreiten".

Während das Ehepaar Honecker bei den Holmers wohnte, war das Lobetaler Pfarrhaus fast ständig von aufgebrachten Bürgern umringt, die - zum Teil voller Wut - nur darauf warteten, den entmachteten Staatschef in die Finger zu bekommen. Ob er diese Menschen auch verstehen könne, wollte ich von Uwe Holmer wissen.

„Ja, ich kann sie sehr gut verstehen", sagte er. Ich erinnere mich besonders an einen Mann, der zu mir sagte: ,Ich war 15 Jahre in Bautzen inhaftiert, ich war zum Tode verurteilt.' Seine Frau stand daneben und sagte: ,Was ich unter diesem Regime durchgemacht habe, können Sie sich gar nicht vorstellen. Sie sollten nicht so leicht verzeihen.' Da habe ich meinen Gesprächspartnern zu verstehen gegeben: ,Was Sie mir erzählen, macht mich sehr betroffen. Sie haben viel mehr durchgemacht als ich, und ich habe nicht an Ihrer Stelle vergeben. Aber ich frage Sie trotzdem: Bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als Herrn Honecker zu vergeben? Denn sonst bleibt das Gift der Bitterkeit und des Zorns auch in Ihrem Herzen, und es wird in Ihnen nie zur Ruhe kommen. Daraufhin hat mir der Mann vergeben: ,Ja, mir bleibt nichts anderes übrig, auch ich will vergeben.' Jesus sagte: ,Wenn ihr nicht vergebt, wird euch euer himmlischer Vater auch nicht vergeben.' Wenn ich also Herrn Honecker vergebe, dann geht es nicht zuerst um Herrn Honecker, sondern um mich."

Hier hat ein Mensch wirklich begriffen, welche Wege wir gehen müssen, wenn christliche Liebe nicht nur eine Worthülse bleiben soll. Selbst den Kommunisten Egon Krenz, der Honecker als Staats- und Parteichef ablöste, bevor er selbst unter dem Druck der Massen zurücktreten musste, ließ Holmers Verhalten nicht kalt. Er bekannte: "Wieder ist es die Kirche, die uns eine Toleranz lehrt, zu der wir Kommunisten nicht fähig waren.

Das Böse darf nicht verharmlost werden

Pastor Holmers Haltung stieß nicht nur auf Zustimmung. Ein amerikanischer Christ sagte mir: ,Dafür habe ich kein Verständnis. Honecker hätte nur eins verdient: daß er hingerichtet wird."

Ich habe an dieser Stelle eine wichtige Unterscheidung gelernt, die die meisten Menschen nicht machen. Es ist eine Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Weisen, auf etwas Böses zu reagieren, von denen die eine einem Christen ansteht, die andere dagegen nicht. Ich meine die Unterscheidung zwischen "Vergeben" und einer „Bagatellisierung des Bösen": Ich lasse etwas „gut sein", obwohl es schlecht ist, ich ignoriere das Böse, ich gehe darüber hinweg, es ist mir gleichgültig. Es gibt sehr wenig, wenn überhaupt etwas, was ein Christ in diesem Sinne „entschuldigen" wird - während er denen, die er liebt, alles zu vergeben mag.

Ein Lernprozess

Wir vergeben den Menschen, die uns Böses angetan haben, indem wir zu vergeben lernen. Auch Uwe Holmer hat dies in einem langen und durchaus schmerzlichen Prozeß lernen müssen. Wer sich diesem Prozeß nicht stellt, trägt seine angestaute Wut und seine Verletzungen wie eine schwere Last auf seinen eigenen Schultern mit sich herum, und diese Last wird ihn niederdrücken. Wenn du aber lernst zu vergeben, dann befreist du dich von dieser Last und kannst die dadurch frei gewordene Energie dazu verwenden, weiter in der Liebe zu wachsen. Schleppe deine Vergangenheit nicht wie eine Last mit dir herum! Lass sie los. Vergebung macht das möglich.

 

 

Praktische Anleitungen:

Gebet um Vergebung: Denken Sie an einen Menschen, der Ihnen Unrecht getan hat. Wie stehen Sie heute zu ihm? Welches Problem ist ungelöst geblieben? Was hätte anders laufen können und wie? Bringen Sie diese Situationen im Gebet vor Gott und erklären Sie, dass Sie diesem Menschen vergeben haben.

Verletzende Situationen nacherleben: Wenn Sie das Gefühl haben, nicht vergeben zu können, tun Sie Folgendes: Ziehen Sie sich für mindestens eine Stunde an einen Ort zurück, an dem Sie ungestört sind. Erleben Sie die Gefühle der Verletzung noch einmal. Denken Sie nicht nur an diese Gefühle, sondern durchleben Sie sie wirklich, auch wenn es schmerzhaft ist. Wenn Sie weinen können, halten Sie die Tränen nicht zurück. Dann machen Sie sich bewusst, dass Jesus in dieser Situation ganz nah bei Ihnen ist. Spüren Sie seine Nähe, seine Liebe und seine Vergebungsbereitschaft. Machen Sie sich bewusst, wie sehr Sie davon leben, dass er Ihnen vergeben hat. Sagen Sie dem Menschen, dem Sie nicht vergeben können: "Ich vergebe dir".

Das Vergebungsgeschenk: Wenn Ihnen in der nächsten Woche jemand Unrecht tut, tun Sie zwei Dinge. Erstens: Vergeben Sie sofort. Am besten im Gebet. Zweitens: Machen Sie demjenigen, dem Sie vergeben haben, ein kleines Geschenk, das möglichst etwas mit Ihrem Konflikt zu tun hat. Beobachten Sie, wie sich das auf Ihr Gefühlsleben auswirkt.

Sofort um Vergebung bitten: Wenn Sie sich dabei ertappen, wie Sie jemandem Unrecht tun, sagen Sie ihm möglichst sofort: Bitte verzeih mir. Es tut mir leid. Beobachten Sie, wie Ihr Gegenüber reagiert.

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8: Die Sprache der Liebe

Wer in der Liebe wachsen will, muss sich in seinem ganzen Leben um Transparenz bemühen. Je weiter wir in diesem Prozess vorankommen, desto weniger gleicht unser Leben einer uneinnehmbaren Burg. Es wird eher einem jener holländischen Häuser gleichen, die keine Gardinen kennen und durch die man von der Straße bis in den Hof hineinsehen kann.

Solche Transparenz erfordert Mut. Deshalb versuchen viele Menschen, in der Liebe zu wachsen, indem sie - wiederum im Bild gesprochen - lieber den Vorhof ihres Schlosses schön mit Blumen schmücken, als das Schloss selbst zu öffnen. Sie haben Angst, dass der andere Dinge in ihrem Leben entdeckt, die sie in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Dabei ist Transparenz das Wertvollste, was wir in eine liebevolle Beziehung einbringen können, denn nur so bringen wir uns wirklich ein.

Praktische Hinweise

Hier einige Hinweise, wie wir unsere Kommunikation mit anderen Menschen so gestalten können, dass sie zunehmend von Transparenz geprägt ist.

1. Geschwätz vermeiden.

Mit „Geschwätz" meine ich Worte, die einen Raum füllen, den man ebenso gut und vielleicht sogar besser mit Styropor füllen könnte: reines Füllmaterial. Besser als Geschwätz ist jedenfalls Schweigen. Es muss nicht immer geredet werden. Geschwätz ist schließlich jedes Wort, das nicht aus Liebe gesprochen wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um triviales Stammtischgeschwätz handelt ... oder um Witze, mit denen ich mich in Szene setzen will ... oder um liebloses Gerede über andere Menschen ... oder um gelehrte theologische Worte, mit denen ich Eindruck schinden will. Die "gelehrtesten" Menschen sind manchmal die größten Schwätzer!

2. Gewöhnen Sie sich ab, Ihre Gefühle vor anderen zu verbergen.

In manchen Kommunikationskursen wird genau das Gegenteil trainiert: Wie kann ich mich dem anderen gegenüber so verhalten, dass er nichts von meinen Gefühlen merkt? Wie kann ich selbstsicher wirken, wenn ich mich unsicher fühle? Wie kann ich fröhlich wirken, wenn mir in Wahrheit zum Heulen ist?

Jeder Mensch ist zu starken Gefühlen fähig, und es ist völlig unnatürlich, sie zu verbergen. Aber man kann es lernen. Die meisten von uns haben es gelernt. Aber die Liebe lehrt uns, zu zeigen, was wir fühlen. Wenn man sich unsicher fühlt, dann darf man das auch zeigen. Warum sollte man es verbergen wollen, indem man Sicherheit vortäuscht? Wenn Ihnen danach ist, lachen Sie laut. Lautes Lachen ist nicht nur für Sie, sondern auch für Ihre Umgebung sehr befreiend. Wenn Ihnen zum Weinen ist, dann versuchen Sie nicht, es zu unterdrücken, sondern lassen Sie Ihren Tränen freien Lauf. Die eigenen Gefühle zu verbergen, ist eine Übung in Anstand, die viel Kraft kostet, aber letztlich weder Ihnen noch Ihren Mitmenschen etwas bringt.

3. Sagen Sie, was Sie vom anderen erwarten.

Auch Liebende sind keine Gedankenleser. Deshalb: Sprechen Sie aus, was Sie wollen. So wie Sie anderen zeigen, dass Sie sie lieben, müssen Sie ihnen auch zeigen, dass Sie sich danach sehnen, geliebt zu werden. Wir können nicht erwarten, dass Menschen, auch wenn sie uns sehr nahe stehen, unsere Bedürfnisse und Gefühle kennen und verstehen, solange wir sie nicht artikulieren.

In einem Seminar habe ich einmal einige Teilnehmer gebeten, auszusprechen, was sie von den anderen erwarten. Zuerst kam es nur schleppend in Gang, aber schließlich waren diejenigen, die ihre Wünsche artikuliert hatten, überrascht, wie wunderbar die Gruppe darauf reagierte. Einer sagte: Ich hätte mir nie vorstellen können, dass du dich einsam fühlst. Du kommst immer so schnell mit Leuten in Kontakt". Ein anderer meinte: ,,Ich bin froh zu wissen, dass du unsere Gebete willst. Du hast auf mich immer einen so starken und selbstsicheren Eindruck gemacht, als ob du deine Aufgaben aus eigener Kraft bewältigen könntest." Es kamen noch viele andere Bedürfnisse zum Vorschein, die wahrscheinlich nie erfüllt worden wären, wenn sie nicht ausgesprochen worden wären.

4. Keine Angst vor Berührung haben.

Manche Christen haben panische „Berührungsängste", und es würde ihnen und uns allen gut tun, sie davon zu befreien. Ein einfacher Händedruck oder eine herzliche Umarmung können manchmal mehr bewirken als die klügsten Predigten! Als ich mich vor einiger Zeit aufgrund persönlicher Erfahrungen intensiv mit dem Sterben beschäftigte, entdeckte ich, dass eines der tiefsten Bedürfnisse eines Menschen, der auf den Tod zugeht, die liebende Hand eines anderen Menschen ist - und genau diese wird ihm allzu oft verweigert. Ich habe damals ein Gedicht geschrieben, das eine Sehnsucht in Worte zu fassen versucht, die keineswegs nur Sterbende bestimmt. Ich nannte es damals "Nur eine Hand". Ich hätte es auch „Die Sprache der Liebe" nennen können.

Wir sind Teil einer Gesellschaft, die vorgibt, mit allem perfekt umgehen zu können, auch mit dem Sterben. Kürzlich hörte ich von einem Hamburger Dienst, der es ermöglicht, für 18,50 DM pro Stunde einen Menschen zu bekommen, der bei einem bleibt, wenn man im Sterben liegt. Die Tatsache, dass solche Einrichtungen offenbar sehr beliebt sind, zeigt, dass wir an einem sehr gefährlichen Mangel leiden, nämlich an der Unfähigkeit, unsere Liebe zu anderen Menschen furchtlos, offen und ehrlich auszudrücken. Es kostet ein wenig Überwindung, den anderen unsere Nähe wirklich spüren zu lassen, aber es ist eine der klarsten und freundlichsten Aussagen, die wir machen können.

5. sich mit dem anderen freuen - und ihn an der eigenen Freude teilhaben lassen.

Lieben heißt, seine Freude mit anderen zu teilen. Wenn Sie etwas Schönes sehen, sagen Sie es dem anderen. Wenn man ein hübsches Mädchen sieht, sagt man: Du bist sehr schön". Und dann tut man gut daran, sich schnell wieder zurückzuziehen - damit der andere sich von seinem Schock erholen kann! Mitfreude am Glück des anderen scheint mir ein zuverlässigeres Zeichen wahrer Liebe zu sein als Mitleid (obwohl auch das, richtig verstanden, zur Liebe gehört). Es kommt immer noch recht häufig vor, dass ein Mensch, dem es schlecht geht, andere Menschen findet, die sich um ihn kümmern. Aber wie oft habe ich erlebt, dass der Erfolg des einen Christen für den anderen keineswegs ein Grund zur Mitfreude war, sondern zu tiefstem Unglück und Neid!

Beispiele dafür habe ich zuhauf gesammelt. Ein Pfarrer hat eine große, schnell wachsende Gemeinde. Kann man da erwarten, dass sich die Nachbarpfarrer mitfreuen? Ganz im Gegenteil: In der Regel wird er zum Objekt übler Verdächtigungen und Anschuldigungen.

Oder: Ein Christ erlebt eine spektakuläre Gebetserhörung. Kann er erwarten, dass sich seine Mitchristen mit ihm freuen? Unter Umständen kann er froh sein, wenn er nicht ganz aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen wird: "Der hält sich wohl für was Besseres."

Neid und Missgunst sind in vielen Fällen an die Stelle spontaner, ehrlicher Mitfreude getreten. So bleiben viele Menschen mit ihrer Freude allein, was genauso frustrierend sein kann, wie mit seinem Leid allein gelassen zu werden.

Wenn die erste Gemeinde eine solche Ausstrahlungskraft hatte, dass sich auch Skeptiker von ihr angezogen fühlten - "Seht, wie sie einander so lieb haben" -, dann war genau das ihr Geheimnis: Sie war zwar keine perfekte Gemeinschaft, aber eine Gemeinschaft, in der Freude und Leid miteinander geteilt wurden.

Genießen Sie es! Wissen Sie, was passiert, wenn Sie einen anderen Menschen in Ihr Leben lassen? Dann hat man plötzlich vier Augen und nicht mehr nur zwei. Man hat zwei Köpfe und vier Arme. Sie haben zwei Möglichkeiten, Freude und Glück zu erleben, und natürlich auch zwei Möglichkeiten, traurig zu sein und zu weinen. Mit anderen Worten: Ihr Leben wird reicher. Aus dem Teilen entsteht das Wir. Diese Erfahrungen gehören zu den tiefsten des Lebens. Wir verstricken uns in Gespräche, die bis spät in die Nacht dauern. Die Zeit scheint still zu stehen für Momente des Glücks. Wir offenbaren unsere tiefsten Gefühle. Unsere Worte fließen ineinander. Ein Vertrauen nährt das andere. Genießen Sie diese Erlebnisse! Liebe ist ein Fest - es muss nicht nur vorbereitet, sondern auch gefeiert werden.

Praktische Anleitungen:

Ich schätze dich: Nehmen Sie sich für die nächste Woche vor, dies jedem Menschen zu sagen, mit dem Sie zu tun haben, den Sie lieben und schätzen. Versuchen Sie, es ganz ehrlich und individuell zu sagen. Beobachten Sie sich dabei, welche Worte Sie verwenden und inwieweit Sie auf nonverbale Kommunikationsformen zurückgreifen: Geschenke, Umarmungen etc. Notieren Sie Ihre Erfahrungen.

Positive und negative Einstellungen: Für diese Übung brauchen Sie einen Partner, der die Spielregeln kennt. Setzen Sie sich ihm gegenüber. Schließen Sie die Augen und konzentrieren Sie sich eine Minute lang auf einen positiven Aspekt des anderen. Dann öffnen Sie die Augen und schauen sich an. Spüren Sie, wie es sich anfühlt, selbst eine positive innere Einstellung zum anderen zu haben. Dann wechseln Sie die Rollen. Variante: Sie konzentrieren sich auf einen positiven oder negativen Aspekt. Wenn Sie die Augen öffnen, muss die andere Person raten! Sie werden erstaunt sein, wie klar sich Ihre innere Einstellung dem anderen vermittelt, ohne dass Sie ein Wort zu ihm sagen!

Erwartungen aussprechen: Schreiben Sie hier auf, was andere für Sie tun könnten, um Ihr Leben schöner zu machen, was Sie diesen Menschen aber noch nie gesagt haben. Indem Sie es aussprechen, machen Sie es ihnen leichter, Sie zu lieben! Sprechen Sie im Laufe der nächsten Woche einige Menschen auf diese Dinge an. Wundern Sie sich nicht, wenn sie zunächst überrascht auf Ihre Wünsche reagieren!

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9: Aktives Zuhören

Twain wollte einmal beweisen, dass einem auf einer New Yorker G e s e l l s c h a f t niemand zuhört, weil alle aneinander vorbeireden statt miteinander. Er kam zu spät zu einer Party. Die Gastgeberin begrüßte ihn sofort: Kommen Sie herein, mein Lieber. Da drüben sitzt der Botschafter von Malaysia, ich stelle Sie gleich vor ... ",Entschuldigen Sie bitte meine Verspätung", sagte Mark Twain, ,,aber ich musste noch meiner alten Tante den Hals umdrehen, und das dauerte etwas länger, als ich gedacht hatte". Darauf die Gastgeberin: ,,Wie nett, dass Sie trotzdem gekommen sind ... "

Zuhören will gelernt sein

Auch in christlichen Kreisen sind viele Gespräche von einer erstaunlichen, geradezu ritualisierten Oberflächlichkeit geprägt, die es durchaus mit Mark Twains Erfahrungen aufnehmen kann. Richtiges Zuhören ist eine Kunst, die geübt werden will. Es ist weit mehr als das bloße Hören von Worten. Wer anderen zuhört, signalisiert: "Ich höre zu, weil ich dich respektiere. Ich interessiere mich für dich.

Ich selbst bin in der Kunst des aktiven Zuhörens nicht besonders geübt. Umso mehr freue ich mich über die wenigen Momente, in denen ich Menschen durch bloßes Zuhören helfen konnte. Ich erinnere mich noch gut daran, wie in der Pause einer Veranstaltung ein junger Pfarrer auf mich zukam und mich fragte: Kann ich mit dir über die Situation in meiner Gemeinde sprechen? Er erzählte mir sehr bewegt von einer ziemlich verfahrenen Situation: Sein Pastorenkollege arbeite ständig gegen ihn, der Kirchenvorstand bestehe aus Traditionalisten, gesundheitlich sei er seit einiger Zeit ziemlich angeschlagen, und auch von seiner Ausbildung her fühle er sich nicht genügend auf die Aufgaben des Gemeindeaufbaus vorbereitet. Er gestand mir seine Angst, nach dem Seminar in die Gemeinde zurückkehren zu müssen. Nachdem dieser Pastor vielleicht zehn Minuten geredet hatte, atmete er tief durch und seufzte erleichtert. Er umarmte mich und sagte: Christian, du hast mir so sehr geholfen. Ich hatte kein einziges Wort gesagt - nicht etwa, weil ich mich in der Kunst des aktiven Zuhörens üben wollte, sondern weil mich die Situation so sprachlos gemacht hatte, dass ich einfach nichts zu sagen wusste! Aber dieses Zuhören hat offensichtlich mehr geholfen als meine wohlüberlegten Worte während der Veranstaltung!

Zwei Ohren - eine Zunge

Wir alle kennen die Schwierigkeit, mit egozentrischen Menschen zu sprechen, die nicht wirklich zuhören, sondern die ganze Zeit nur darüber nachdenken, welche schlauen Antworten sie geben können. Sie benutzen das, was der andere sagt, nur als Sprungbrett, um ihre eigenen Gedanken loszuwerden. Viele von uns sind schlechte Zuhörer, weil sie lieber sich selbst reden hören als andere. Vielleicht hat Diogenes an solche Menschen gedacht, als er vor mehr als zweitausend Jahren sagte Wir haben zwei Ohren und eine Zunge, damit wir mehr hören und weniger reden". Jakobus hat es so ausgedrückt: Ihr sollt wissen, meine geliebten Brüder, dass jeder Mensch schnell sei zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn" (Uak. 1, 19). Aktives Zuhören ist eine Kunst, die deshalb so schwierig ist, weil das Gehirn Informationen schneller aufnehmen kann als ein Mensch zu sprechen in der Lage ist. Man schätzt, dass wir durchschnittlich 400 bis 600 Wörter pro Minute aufnehmen können, aber die meisten Menschen können nur mit einer Geschwindigkeit von 200 bis 300 Wörtern pro Minute sprechen.

Praktische Hinweise

Einige Tipps können helfen, die Kunst des aktiven Zuhörens zu verbessern:

  • Konzentrieren Sie sich bewusst auf den anderen. Vielleicht denken Sie zunächst, dass Sie diese Konzentration ermüdet, aber das Gegenteil ist der Fall. Jede konzentrierte Tätigkeit macht uns wach, jede unkonzentrierte Tätigkeit macht uns schläfrig.
  • Fragen Sie nach, ob Sie verstanden haben. Viele Menschen scheuen sich, Rückfragen zu stellen, weil sie den Eindruck vermeiden wollen, beim ersten Mal nicht richtig zugehört zu haben.
  • Achten Sie auf die Körpersprache Ihres Gesprächspartners, seinen Tonfall, seine Botschaften zwischen den Zeilen.
  • Vermeiden Sie voreilige Schlüsse über das, was Ihr Gesprächspartner sagen will. Wenn wir glauben zu wissen, was jemand sagen wird, werden wir oft genau das hören - ob er es nun tatsächlich sagt oder nicht.
  • Sehen Sie Ihrem Gesprächspartner in die Augen. Blickkontakt ist eines der besten Mittel, um sich zum aufmerksamen Zuhören zu zwingen.
  • Und schließlich: Machen Sie durch entsprechende Bemerkungen deutlich, dass Sie den anderen verstehen. Wiederholen Sie seine Gedanken mit eigenen Worten. Aktives Zuhören teilt: Ich verstehe, wie du dich fühlst. Das ist weder Zustimmung noch Widerspruch. Es ist kein Urteil darüber, ob die Gefühle richtig oder falsch sind. Es ist eine Form der Bestätigung, die sich auf die Person bezieht. Sie wird vom Gegenüber in der Regel als sehr wohltuend empfunden, weil wir so selten damit zu tun haben. Vielleicht erklärt sich daraus, dass aktives Zuhören eine besonders gute Möglichkeit ist, Liebe auszudrücken.

Praktische Anleitungen:

  • Merken Sie sich Details: Nehmen Sie sich vor, im Laufe des nächsten Tages besonders aufmerksam zuzuhören, wenn Ihnen jemand etwas erzählt, das Sie normalerweise nicht besonders interessieren würde. Merken Sie sich die Details. Schreiben Sie sie auf. Sprechen Sie Ihren Gesprächspartner einige Zeit später darauf an - und beobachten Sie, was das bewirkt: bei ihm und bei Ihnen! Wiederholen Sie diese Übung.
  • Rücken an Rücken: Suchen Sie sich für die folgende Übung einen Partner. Stellen Sie sich mit dem Rücken zueinander auf. Dann beginnen Sie miteinander zu sprechen. Dies ähnelt der Art und Weise, wie Christen miteinander kommunizieren, die, wenn sie ihren Standpunkt vertreten, gar nicht daran interessiert sind, auf die Position des anderen einzugehen. Überprüfen: Gibt es bestimmte Themen, bei denen diese Art der Kommunikation schwieriger ist als bei anderen
  • Feedback: Führen Sie mit einem in die Spielregeln eingewiesenen Partner ein Gespräch über ein möglichst konfliktträchtiges Thema, bei dem beide Gesprächspartner unterschiedliche Positionen vertreten. Die Spielregeln lauten wie folgt: Wenn Person A ihre Meinung äußert, muss B diese so lange wiederholen, bis A zu erkennen gibt, dass er sich verstanden fühlt. Erst dann nennt B seine eigenen Argumente und A verfährt mit seinem Gegenüber genauso wie B mit ihm. Ich selbst habe, als ich diese Übung zum ersten Mal in unserem Gemeinschaftslabor durchgeführt habe, gemerkt, dass ich auf diesem Gebiet ein totaler Versager war (vor allem, wenn es um Themen ging, in denen ich sehr engagiert war). Erst nach mehrmaligem Üben verbesserte sich meine Fähigkeit, die Meinung anderer fair zusammenzufassen.

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10: Geschenke

Es ist eine alte Weisheit, dass „Liebe keine Liebe ist, solange sie nicht geschenkt wird". Wenn sie sich nicht in einer ganz konkreten Tat manifestiert, ist Liebe nicht mehr als eine gute Idee - eine Vorstellung, ein bloßes Wort, ein abstraktes Konzept. Eine der schönsten Arten, der Liebe zu anderen Menschen einen konkreten Ausdruck zu verleihen, ist das Schenken. Die Liebe ist das erste Geschenk", schrieb Thomas von Aquin. Alles, was uns sonst unverdient geschenkt wird, wird erst durch sie zum Geschenk.

Freude schenken um Jesu willen".

Einer, der das Schenken geradezu zu seinem Lebensstil gemacht hat, ist der westfälische Pfarrer Paul Deitenbeck, Leiter der Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium". Ich habe ihn bisher zweimal besucht, beim ersten Mal hat er mir eine überdimensionale Tafel Schokolade geschenkt, beim zweiten Mal ein Fünfmarkstück. Aber nicht in die Kollekte werfen, Bruder Schwarz", warnte er mich. Freunde der Deitenbecks erzählten mir, dass es jedem Besucher so erging; man konnte das Haus Deitenbeck nicht verlassen, ohne wenigstens eine Kleinigkeit geschenkt bekommen zu haben!

Wenn Paul Deitenbeck in der Weihnachtszeit in die Metzgerei geht, kann er sagen: Ich freue mich, dass Christus geboren ist. Herr Metzger, für jeden im Laden ein Stück Wurst!" Er selbst sagt: ,,Wenn man mich begräbt, soll man von mir sagen, dass es mir ein Anliegen war, den Menschen um Jesu willen Freude zu machen. Ich will sie nicht einmal in erster Linie bekehren. Ich will ihnen Freude machen."

Von Paul Deitenbeck habe ich gelernt, dass echtes Schenken wenig mit den üblichen Geschenkritualen zu tun hat, die jeder von uns kennt. Während es Geschenke gibt, die das Leben bunter und reicher machen, gibt es andere, die Routine und Langeweile verstärken. Ein Freund von mir war einmal als Journalist bei einem großen kirchlichen Jubiläum, bei dem alle möglichen Gratulanten - natürlich in schwarzen Anzügen und mit eintönig grauen Krawatten - dem Bischof ihre Aufwartung machten und ihm ihre Geschenke überreichten. Er erzählte mir, dass darunter kein einziges Geschenk war, das der Bischof oder seine Frau in irgendeiner Weise hätte gebrauchen können! Fast jeder Gratulant überreichte ihm einen Kupferstich mit einer alten Kirche oder einem ähnlichen Motiv, und die Übergabe wurde mit salbungsvollen Worten garniert, die eigentlich niemanden interessierten. Wie langweilig! Auch wenn der Bischof bei fast jedem Stich immer lustloser wurde: Was für ein interessantes Motiv!", so spürte man doch, dass ihn keines der Geschenke in irgendeiner Weise überraschte. Ich konnte mir den Gedanken nicht verkneifen: ,,Was macht der arme Bischof mit all diesen Stichen? Wahrscheinlich wanderten sie nachher genau dorthin, wo auch die Jubiläumsgeschenke der vergangenen Jahre lagern: in den Keller des Landeskirchenamtes!

Unbegrenzte Möglichkeiten

 

Ein echtes Geschenk muss unerwartet sein. Schenken Sie jemandem Blumen, der nie Blumen bekommt. Fragen Sie jemanden nach seiner Meinung zu einem Thema, in dem er sich gut auskennt - und lassen Sie ihn ausreden. Schenken Sie einem Bischof eine gelbe Nelke und ein Stück echte Lakritze (und um Gottes willen keine Kupferstiche!). Jemanden ins Theater einladen. Die Bedürfnisse eines anderen erraten und erfüllen. Kochen Sie das Lieblingsessen Ihres Nachbarn. Rufen Sie einen einsamen alten Menschen an. Laden Sie ihn zu einem Ausflug ein. Lassen Sie sich von jemandem zwei Stunden lang unterhalten. Und sagen Sie dabei nie "ich". Wir sollten nicht erwarten, dass Menschen, denen wir etwas geben, uns etwas zurückgeben. Eine solche Erwartungshaltung ist die Ursache der ganzen bekannten Geschenkroutine, die mehr schadet als nützt. Sie widerspricht auch dem Wesen der Liebe, die nicht käuflich, sondern immer bedingungslos ist. Ein Journalist, der Mutter Teresa bei ihrer Arbeit in den Slums von Kalkutta beobachtete, sagte zu ihr: "Für ein Tageshonorar von tausend Dollar würde ich das nicht tun." Darauf antwortete die Ordensfrau kurz und bündig: "Ich auch nicht." Das ist bedingungslose Liebe! In einem Liebesseminar forderte ich die Teilnehmer auf, sich gegenseitig Geschenke zu machen. Sie hatten etwa eine halbe Stunde Zeit und die Geschäfte waren schon geschlossen. Zuerst war man sich nicht sicher, was bei dieser Übung herauskommen würde. Das Echo war überwältigend: Eine Teilnehmerin bekam einen Bibelvers geschenkt, der für sie zu einem "prophetischen Wort" wurde. Sie war so überwältigt, dass ihr die Tränen kamen. Einer anderen wurde das Auto gewaschen, einer dritten ein mehrstimmiges Lied gesungen. Es war wunderbar! Am Ende sprachen alle beglückt von der Liebe, die sie in dieser Gruppe so konkret erlebt hatten - und wie ich später vom Pfarrer erfuhr, sprach man noch ein halbes Jahr später davon! Was spricht eigentlich dagegen, dass wir uns öfter auf diese oder ähnliche Weise das Leben schöner machen? Gott hätte sicher seine Freude daran.

Praktische Anleitungen

Das 5 Franken Geschenk: Machen Sie innerhalb der nächsten 48 Stunden einem Menschen eine Freude, indem Sie ihm ein Geschenk besorgen, das nicht mehr als fünf Franken kosten sollte. Sie werden merken: Wenn Sie sich bemühen, mit relativ wenig Aufwand ein Geschenk zu machen, wird die Wirkung oftmals größer sein, als wenn Sie für 30 Franken einen Standard-Blumenstrauß oder für 72 Franken eine langweilige Flasche Wein kaufen. Sie brauchen in der Auswahl der Geschenke gar nicht einmal sonderlich originell zu sein - oft macht schon die Bescheidenheit des Geschenks den Reiz aus! 

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11: Humor

Für viele Nichtchristen ist die Kirche der letzte Ort auf Erden, an dem sie Freude und Humor erwarten - und für viele Christen auch. Manche Gemeinden haben es in Sachen Freud- und Humorlosigkeit zu einer erschreckenden Perfektion gebracht: Alles ist ernst und traurig, und wenn bei einer Veranstaltung einmal ein spontanes, schallendes Gelächter ertönt, dann ist man sich sicher, dass es nur von einem Betrunkenen kommen kann. Ein Christ tut so etwas nicht.

Humorlosigkeit und Lieblosigkeit

Ich bin überzeugt: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Humorlosigkeit und Lieblosigkeit. Deshalb haben viele Gemeinden, die mit der Liebe auf Kriegsfuß stehen, auch Schwierigkeiten mit dem Humor. Man sollte einmal eine Studie machen, die den Liebesquotienten mit dem Humorquotienten einer Gemeinde vergleicht! Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Glaube ohne Humor sehr leicht zu Dogmatismus und Selbstgerechtigkeit, zu ideologischem Denken und Fanatismus führen kann. Man nimmt sich sehr ernst, bitter ernst, und dementsprechend ist die Atmosphäre, die man verbreitet: bitter, furchtbar bitter. Ideologen können nicht über sich selbst lachen, denn das wäre das Ende ihrer Ideologie! Es ist diese Lachen-verboten-Mentalität, gepaart mit dem Michael-Kohlhaas-Komplex, der Rechthaberei um jeden Preis, die viele unserer Gruppen und Gemeinschaften zu dem macht, was sie sind: Menschenansammlungen ohne Ausstrahlung, ohne Anziehungskraft.

Humor baut Spannungen ab

Es gibt nur wenige Dinge, die mit so großer Sicherheit die Möglichkeit schaffen, anderen Menschen näher zu kommen, wie das Lachen. Wir alle haben schon erlebt, wie ein einziges gemeinsames Lachen eine bis dahin angespannte und ängstliche Beziehung in eine warme, fröhliche und produktive verwandelt hat. Ich bin oft in der Situation, in Seminaren über Themen zu sprechen, die sehr emotional und konfliktbeladen sind. Manchmal sind unter den Teilnehmern Vertreter von zwei Parteien, die sich in einer bestimmten Sachfrage heftig streiten. Und ich spüre sehr deutlich, dass jede der verfeindeten Parteien nur darauf wartet, ob meine Argumentation Wasser auf ihre Mühlen oder auf die des "Gegners" ist. Verbissene Gesichter blicken mich an. In solchen Situationen liegt eine ungeheure Spannung in der Luft, die mich ins Gebet treibt und fragen lässt: "Gott, wie kann in dieser Atmosphäre dein Geist das Miteinander bestimmen?" Ich habe immer wieder erlebt, wie befreiend es ist, in solchen Situationen - und nicht nur in solchen! - eine an die Wand projizierte Karikatur, in der die Positionen, die von den verschiedenen Parteien mit großer Verbissenheit vertreten werden, von einer ungewohnten, sehr menschlichen Seite betrachtet werden; eine Geschichte, die unsere eigenen Unzulänglichkeiten auf die Schippe nimmt; oder ein Witz, mit dem ich meine eigene Unsicherheit in einer so unangenehmen Situation zum Ausdruck bringe. Die Reaktionen waren immer gleich: Die Teilnehmer lehnten sich entspannt zurück, schlugen die Beine übereinander, die Gesichter entspannten sich, die Stimmen klangen weniger fanatisch, man schaute mir freundlich in die Augen, hörte interessierter zu. Das Gespräch wurde qualifizierter, liebevoller, spiritueller. Und das alles nur, weil man Gelegenheit hatte, einmal laut zu lachen über das, was man bisher nur in der stickigen Atmosphäre der Rechthaberei auszusprechen vermochte! Heiterkeit, Humor und Lachen sind wunderbare und leicht zugängliche Werkzeuge, um den Umgang mit anderen Menschen zu entspannen. Sie helfen, Hemmungen und Spannungen abzubauen. Sie schaffen ein positives Klima und sind - wie Mediziner herausgefunden haben - ein sehr wirksames Mittel gegen Depressionen. 11"Wenn ich keinen Humor hätte", soll Mahatma Gandhi gesagt haben, "hätte ich mich schon längst umgebracht.

Lachen Sie über sich selbst!

Natürlich gibt es bösartigen, schmutzigen, erniedrigenden und verletzenden Humor. Einen solchen Pseudo-Humor möchte ich hier natürlich nicht empfehlen. Ich meine einen Humor, der es uns erlaubt, über uns selbst zu lachen - vor allem über unsere eigenen Schwächen. Ich weiß, dass mich schon oft nur meine Fähigkeit gerettet hat, die komische Seite einer Situation zu sehen und über mich selbst und meine eigenen Unzulänglichkeiten zu lachen. Seit ich mir fest vorgenommen habe, immer der Erste zu sein, der über meine Schwächen lachen darf, geht es mir psychisch viel besser. Wenn es dann die anderen tun, bin ich meistens schon so weit, dass ich von Herzen mitlachen kann! So kann ich viel gelassener auf Kritik reagieren. Wer nicht über sich selbst lachen kann, hat auch Schwierigkeiten, sich selbst anzunehmen. Und wer sich selbst nicht annehmen kann, wird auch Schwierigkeiten haben, andere Menschen anzunehmen. Das erklärt, warum humorlose Menschen oft so wenig liebesfähig sind. Humor erinnert uns daran, dass wir nicht unfehlbar sind. Diktatoren und Fanatiker - auch christliche Fanatiker - haben selten Sinn für Humor, weil sie sich für unfehlbar halten. Wenn es lustig wird, hört für sie der Spaß auf! Humor hilft uns, unseren oft aufgeblasenen Ernst zu vergessen. Er ist eine Demonstration unserer Überlegenheit gegenüber dem jämmerlichen Zustand, in den wir uns manchmal durch unsere Engstirnigkeit manövrieren. Die Fähigkeit, über uns und unsere Unzulänglichkeiten zu lachen, ist ein Akt des Glaubens, ein Zeichen des Vertrauens in Gott, der uns so liebt, wie wir sind.

Praktische Anleitungen:

Wie Humor Spannungen löst: Schreiben Sie hier mindestens eine Situation auf, in der Sie erlebt haben, wie Humor in einer angespannten Situation geholfen hat, die Atmosphäre zu entspannen:

Lächeln verboten: Um zu spüren, wie wichtig - und positiv - Lächeln und Lachen sind, nehmen Sie sich vor, einen ganzen Tag lang nicht zu lächeln oder zu lachen. Und werten Sie am Ende des Tages Ihre Erfahrungen aus. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer unseres Gemeindelabors berichteten, dass sie nach einigen Stunden - manche schon nach wenigen Minuten - die Übung abbrechen mussten, weil sie deutlich spürten: So kann ich nicht leben" Es ist der Sinn der Übung, genau das einmal deutlich zu spüren. Wie lange halten Sie das aus? 

Lachen Sie über sich selbst: Wenn Ihnen das nächste Mal etwas schief geht, machen Sie sich keine Vorwürfe, sondern lachen Sie herzhaft über Ihre Unvollkommenheit. Erzählen Sie anderen fröhlich von Ihrem Missgeschick, damit Sie gemeinsam darüber lachen können. Vielleicht müssen Sie das viele Male tun, bis Sie dazu in der Lage sind. Aber eins ist sicher: Lachen über sich selbst kann man lernen - und es macht glücklich!

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12. Liebe geht durch den Magen

Einen der schönsten Tage meines Lebens verbrachte ich im italienischen Küstenstädtchen Camogli. Sagra del Pesce'1 nennen die Einheimischen dort ein Fest der besonderen Art: Im Fischerhafen des Ortes waren alle zum Fischessen eingeladen. Zentnerweise schütteten die freundlichen Gastgeber den Fisch in die wohl größte Pfanne der Welt, die im Hafen aufgebaut war. Die Einwohner von Camogli und ihre Gäste - das ist Ehrensache - durften ihn kostenlos verzehren. Man muss sich das vorstellen: Hunderte von Menschen, die sich nicht kennen, versammeln sich um eine riesige Pfanne, Glocken läuten, überall wehen Fahnen, aus allen Ecken riecht es fürchterlich nach Fisch, die Hände kleben vor Fett, Wein wird ausgeschenkt, es wird gesungen, getanzt, angestoßen - und das bis tief in die Nacht. Über die Qualität des Fisches lässt sich streiten, über die Freundlichkeit und Spontaneität der Camoglianer nicht. Da komme ich als Fremder und darf mich nach Herzenslust satt essen! Solche Menschen! Die meisten, die mich kennen, wissen, dass Essen eine meiner großen Leidenschaften ist. Ich liebe den Geschmack und den Duft gut zubereiteter Speisen und vor allem die Gemeinschaft mit Menschen, mit denen ich ohne Zeitdruck stundenlang am Tisch sitzen kann, um in entspannter Atmosphäre bei einem guten Wein die Probleme der Welt zu lösen. Meine Lieblingsspeisen sind Auberginen, Birchermüsli, Big Mäcs, Artischocken, Pommes frites, Hähnchen, Käsefondue, Nordseekrabben, Mangos, Bananeneis, Knoblauchgemüse, Spaghetti, Paprika, Champignons, Käseauflauf, Weincreme, Pralinen ... und so ziemlich alles, was ich je von netten Menschen serviert bekommen habe!

Als wir vor einigen Jahren eine groß angelegte Untersuchung in 120 Gemeinden in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchführten, um die Ursachen für ihr Wachsen oder Schrumpfen herauszufinden, kam neben hunderten anderer interessanter Ergebnisse eine Zahl heraus, die mich besonders gefreut hat: In wachsenden Gemeinden laden sich Christen im Durchschnitt 13 Mal im Jahr gegenseitig zum Essen ein, in schrumpfenden Gemeinden dagegen weniger als 9 Mal. Es scheint also einen Zusammenhang zwischen Essenseinladungen und Gemeindewachstum zu geben! Ist das nicht ein erfreulicher Befund?

Spötter haben schon vermutet, das Wachstum der großen Gemeinden beziehe sich nicht auf die Zahl der Gottesdienstbesucher, sondern auf deren Gesamtgewicht. Aber das stimmt nicht. Tatsächlich lässt sich statistisch nachweisen, dass Gemeinden, in denen man sich öfter zum Essen einlädt, auch eher wachsende Gottesdienstbesucherzahlen haben als solche, in denen man sich mit Essenseinladungen zurückhält! Das wundert mich nicht. Schließlich ist das gemeinsame Essen eine der schönsten Möglichkeiten, ganzheitlich etwas davon zu erfahren, wie Liebe konkret werden kann. Und liebevolle Gemeinden, das hat dieselbe Studie ergeben, sind in der Regel auch wachsende Gemeinden!

Mahlzeiten sind „produktiv"

Es ist gut, wenn Gruppen in der Gemeinde ihre Treffen mit einer gemeinsamen Mahlzeit beginnen. Die Befürchtung, dass in dieser Zeit nichts „Produktives" geschieht, ist unbegründet. Und wenn doch etwas Produktives geschieht: Mit jeder gemeinsamen Mahlzeit in herzlicher Atmosphäre steigt der „Liebesquotient" der Gruppe - und eine Gruppe mit einem hohen Liebesquotienten kann erwarten, dass sie andere anzieht und wächst. Was will man mehr? Nicht umsonst ist in der Bibel an so vielen entscheidenden Stellen vom gemeinsamen Mahl die Rede. Das beginnt schon in den ersten Büchern der Heiligen Schrift, wo der Bundesschluss Gottes mit seinem Volk mit einem gemeinsamen Mahl gefeiert wird (2. Mose 24, 11). Und es endet in den letzten Kapiteln der Offenbarung des Johannes, wo es heißt Selig sind, die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind" (Offb 19,9). Dazwischen erfahren wir an allen möglichen Stellen von der entscheidenden, geradezu sakramentalen Bedeutung des gemeinsamen Essens: Ob Jesus den Zöllner Zachäus vom Baum herunterholt und ihn zum Essen einlädt, ob er mit 5000 Menschen Brot und Fisch isst, ob er bei einer Hochzeit dafür sorgt, dass der Wein nicht ausgeht - gemeinsame Mahlzeiten begegnen uns in der Bibel auf Schritt und Tritt.

Willst du einen wirklich wirksamen Beitrag zum Gemeindeaufbau leisten? Dann tu es: Lade jemanden zum Essen ein. Wenn du nicht kochen kannst, ist das nicht schlimm. Wirf eine Fertigpizza in den Ofen. Oder hol dir zwei Big Mäcs vom nächsten McDonald's. Dann stelle Blumen auf den Tisch, schenke dir und deinem Gast ein Glas Wein ein, schalte den Plattenspieler ein, lege Mozarts „Kleine Nachtmusik" auf, zünde die Kerzen an, danke Gott für seine Gegenwart - und genieße das Leben!

 

Praktische Anleitungen

Essenseinladung: Laden Sie in der nächsten Woche einen Menschen zum Essen ein, der sich darüber freuen würde (entweder in ein Restaurant oder zu sich nach Hause). Versuchen Sie, während des Gesprächs einige Prinzipien des Liebe- Lern-Prozesses anzuwenden. Beobachten Sie, welche Wirkung dies auf Ihren Gast hat.

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